Winterdienstreportage im Baubetriebshof Alfeld

In den Ausläufern der norddeutschen Mittelgebirge, zwischen Harz und Ith, liegt Alfeld, eine beschauliche Stadt im Leinetal mit 19.000 Einwohnern. Weder alpin noch Flachland, stellt der Winterdienst hier ganz eigene Anforderungen, wie wir beim Besuch des Baubetriebshofes erfahren haben.
Zwei Unimog und zwei Lkw bilden das Rückgrat des Winterdienstes auf den Straßen. Jedes Fahrzeug ist dabei personell doppelt besetzt.

Was haben Rom und Alfeld gemeinsam? Zugegeben, mit dem Petersdom kann sich die Alfelder Hauptkirche St. Nicolai nicht vergleichen. Aber den sieben Hügeln, auf denen Rom einst erbaut wurde, kann die südniedersächsische Stadt durchaus eines ihrer Wahrzeichen, die „Sieben Berge“, entgegenhalten. Und wo Berge sind, ist auch der Winterdienst manchmal durchaus eine Herausforderung. „So jedenfalls habe ich es in meinem ersten Winter als Amtsleiter des Baubetriebshofes erlebt. Wir haben hier in Alfeld – im Vergleich zu Harz, Erzgebirge oder Allgäu – mit rund 100 m nur relativ geringe Höhenunterschiede zwischen Innenstadt und einigen unserer 16 Ortsteile. Trotzdem sind unsere Winterdienst-Teams aufgrund der Topografie und teils enger Straßenverhältnisse schon gefordert“, erläutert Constantin Zimmermann.

Ein weiterer Aspekt, der den Winterdienst in Alfeld charakterisiert, sind die zumindest für die Straßenräumung langen Touren, wie Betriebsleiter Andreas Biering hinzufügt. Insgesamt sind Glättebekämpfung und Schneeschieben auf etwa 210 km Straßen angesagt – allerdings von nur vier Teams. „Und da wir mit unserer Technik auf einigen der breiten Ausfallstraßen die einzelnen Spuren nicht in einem Durchgang räumen können, zählen diverse Streckenkilometer quasi doppelt. So kommen wir auf 65 bis 70 km pro Tour. Das kostet bei Eis und Schnee einfach Zeit und ist nicht binnen einer Stunde erledigt.“

Wir wollen Ressourcen aller Beteiligten gut nutzen.

Aus diesem Grund sind für die einzelnen Bereiche in Abhängigkeit von der Witterungssituation Prioritäten festgelegt worden, beginnend mit Ausfallstraßen und neuralgischen Punkten und endend mit den reinen Wohngebieten ohne Durchgangsverkehr. Als sehr hilfreich und gut bezeichnen beide dabei die Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kreis- und Landesstraßenmeisterei. „Normalerweise wären wir für den Winterdienst in den Ortsdurchfahrten zuständig. Effizienter ist es jedoch, wenn die Fahrzeuge des Kreises durchfahren, etwa auf einer Bundes- oder Landesstraße, und wir dafür andere Strecken auch außerorts mit räumen, wenn es sich für uns effizient verbinden lässt. So werden die vorhandenen Ressourcen bei allen Beteiligten gut genutzt“, betont Amtsleiter Zimmermann.

Die betriebseigene Werkstatt wartet und repariert den Fuhrpark, bereitet somit auch die Fahrzeuge für den Winterdienst vor. Stichtag für die Funktionstests ist der 1. November.

Seit 2013 Winterdienst-Gebühr

Externe Dienstleister kommen in Alfeld im Winterdienst übrigens nicht zum Einsatz. Im Gegensatz zur Straßenreinigung, die von der Stadt komplett vergeben wird, bleiben Schnee und Eis absolut in Eigenregie. Nicht ausgeschlossen ist damit eine gewisse „Reibungswärme“ mit privaten Schneeräumdiensten, die für Gewerbe- und Privatkunden Bürgersteige räumen und den Schnee gern mal auf die Straße drücken – was die Straßenräumfahrzeuge der Stadt dann postwendend zum Teil wieder rückgängig machen müssen. „Das sorgt jedes Jahr für Diskussionen, aber die städtischen Satzungen dazu sind eindeutig. Schnee auf Bürgersteigen vor Privatgrundstücken ist Aufgabe der Anlieger und gehört nicht auf die Straße“, erklärt Constantin Zimmermann ausdrücklich. „Natürlich dürfen auch wir nicht den gesamten Straßenschnee auf die Gehwege räumen. Hier ist ein gutes Miteinander sehr wichtig. Und notfalls müssen zu große Schneemengen eben zusammengeschoben und seitlich gelagert werden.“

Wir hatten in den ersten Jahren eine Gebühr von 1,20 € pro laufendem Anlieger-Straßenmeter.

Das seien jedoch Ausnahmen, wie er weiter berichtet. Insgesamt erhalte das Team des Baubetriebshofes nach Einschätzung der beiden Verantwortlichen in Sachen Winterdienst mehrheitlich sehr positive Reaktionen der Bürger. Leistungsangebot und –qualität würden durchweg hoch bewertet. 2011/2012, im letzten „Hammerwinter“, habe das letztlich sogar die Kommunalaufsicht auf den Plan gerufen mit dem Hinweis, aus Kostengründen entweder das Leistungsangebot zu reduzieren oder für zusätzliche Einnahmen zu sorgen. „Rat und Verwaltung haben sich für die zweite Option entschieden und 2013 eine Winterdienstgebühr für Anlieger eingeführt. Diese wurde, entgegen anderslautender Befürchtungen, insgesamt doch ohne größere Proteste der Grundstückseigentümer angenommen. Wir hatten damals seitens der Stadt die Kommunikation und Information gut vorbereitet. Das Konzept hat sich also bewährt“, meint Andreas Biering.

Besagte Gebühr wird stets nach Ende eines Winters berechnet, wenn quasi der tatsächliche Aufwand feststeht. In den ersten Jahren fiel sie mit 1-1,20 € pro laufendem Anlieger-Straßenmeter relativ gering aus. „Das wird in einem ausgeprägten Winter sicher mehr sein, doch hält es sich aus unserer Sicht trotzdem immer noch in Grenzen. Und wir haben gelernt, dass die Bürger überschaubare Mehrkosten einem eingeschränkten Leistungsangebot vorziehen“, so Constantin Zimmermann.

Dokumentation auf Papier

Bezüglich der Dokumentation der geleisteten Winterdienstarbeiten setzten die Alfelder bisher traditionell auf Papier statt Elektronik. Die Touren sind genau beschrieben, außerdem führen die Fahrzeugbesatzungen genau Buch, wann und wo geräumt und gestreut wurde. Dies habe sich bewährt, zumal es bisher nur sehr selten zu Unfällen und damit Streitfällen gekommen sei, erinnert sich Andreas Biering. Und sein Chef ergänzt: „Die GPS-basierte Dokumentation stellt, wenn auch indirekt, ebenfalls eine Kontrolle der Mitarbeiter dar. Das ist jedenfalls die nachvollziehbare Sorge des Betriebsrates. Wir sind gemeinsam diesbezüglich im Gespräch, haben aber auch keinen akuten Handlungsbedarf. Zumal die Kosten für solche Systeme derzeit aus meiner Sicht in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen stehen. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, werden wir uns dem Thema sicher widmen“, schildert Constantin Zimmermann seine Sichtweise.

Andreas Biering, Betriebsleiter Baubetriebshof Alfeld. Die Dokumentation der gefahrenen Streu- und Räumtouren erfolgt auf Papier, aber täglich und akribisch.

Zwei Teams, eine Schicht

Der 1. November ist der Stichtag, bis zu dem die Winterdiensttechnik einsatzfähig zu sein hat. Ab diesem Datum ist auch der Winterdienstplan in Kraft, den Amts- und Betriebsleiter jedes Jahr im frühen Herbst festlegen und der dann bis zum 31. März gilt. Wobei sich dieser Plan meistens nicht wirklich grundsätzlich ändert, sondern höchstens in der Einteilung der einzelnen Teams. Denn neben den vier genannten Straßentouren gibt es drei für den Einsatz von Schmalspurtraktoren im Innenstadtbereich und auf Gehwegen. Nicht zu vergessen sind die sogenannten Handstreuer, die mit Pick-up oder Pritschenwagen im Stadtgebiet unterwegs sind, um an Fußgängerüberwegen, Straßeneinmündungen oder auf Plätzen vor öffentlichen Gebäuden Schnee zu schieben und Salz zu streuen. „Unser Ziel ist es allerdings schon, so viel wie irgendwie möglich mit Fahrzeugen abzudecken. Deshalb haben wir pro Bereitschaftsgruppe acht Kollegen auf den Großfahrzeugen, also zwei pro Lkw, sowie vier Mitarbeiter mit Kompaktmaschinen und Versorger“ betont Andreas Biering.

„Versorger“ ist ein Kollege, der mit einem weiteren Transporter die Handstreuer und die Kompaktfahrzeuge mit Salz-Nachschub beliefert. „Das hat sich sehr bewährt und erspart die zeitraubenden Rückfahrten zum Betriebshof. Denn wie gesagt: Bei uns sind die Wege teils recht lang“, meint Constantin Zimmermann.

Der Aufbau des Plans ist ebenso einfach wie effizient, erläutert er weiter. Das Team ist in zwei Rufbereitschaftsgruppen aufgeteilt, die ihren Dienst alle 14 Tage wechseln. In jeder Gruppe hat ein Kollege den „Guckedienst“, so die interne Formulierung, er prüft also ab drei Uhr morgens die Situation auf Straßen und Wegen in Stadt und Umland. „Das ist natürlich nur erforderlich, wenn die Wettervorhersage grenzwertige Temperaturen oder Schneefall erwarten lässt. Schließlich kommen wir im langjährigen Mittel auf nur 25 bis 30 Winterdienst-Einsatztage. Bleibt es mild und regnerisch, muss der jeweilige Kollege nicht mitten in der Nacht aufstehen. Die Rufbereitschaft wird also tagesaktuell am Vorabend festgelegt“, ergänzt der Betriebsleiter. Als zusätzliche Entscheidungshilfe nutzt er die täglichen Wetterprognosen, die eine namhafte Versicherung anbiete und die seit 2017 deutlich detaillierter sei als vorher.

Wenn allerdings in der Nacht tatsächlich Handlungsbedarf besteht, setzt der Vorwarner ab vier Uhr früh telefonisch die jeweiligen Räum- und Streuteams in Gang, die mit ihren am Vorabend präparierten Fahrzeugen starten. Dazu gehören die sieben Räum- und Streufahrzeuge sowie der Versorger, nicht aber die Handkehrer. Sie beginnen ihren Dienst normalerweise...

Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe 7, 2017 der KommunalTechnik. Bestellen Sie hier eine kostenlose Leseprobe.

 

Text und Fotos: Jens Noordhof, Redaktion KommunalTechnik