Bad Bevensen: Elektrofahrzeuge im Einsatz

Das Thema Mobilität spielt für den Baubetriebshof eine besondere Rolle. „Die Samtgemeinde ist mit einer Gesamtfläche von knapp 480 m² flächenmäßig eine der größten Gemeinden in Niedersachsen, entsprechend lange Wege müssen zurückgelegt werden“, erläutert Wolf-Marcus Knape, Leiter des Baubetrienshofes. Aber nicht nur die langen Wege sind eine Herausforderung, sondern auch der Umstand, dass in einem Kurort wie Bad Bevensen eine besondere Rücksichtnahme auf die Kurgäste erforderlich ist. Insgesamt sieht sich der Bauhofleiter mit dem Bauhof zur Verfügung stehenden Fuhrpark gut aufgestellt. Lediglich einen eigenen Radlader würde er gerne beschaffen, der aus seiner Sicht dringend benötigt wird.
Um die erforderliche Mobilität im Kurpark für die Gäste so wenig störend wie möglich zu gestalten, sind drei der vier Mitarbeitenden für den Kurpark bereits seit zwei Jahren mit Lastenfahrrädern mit Elektroantrieb unterwegs. Die Räder sind mit einer Ladebox im vorderen Bereich ausgestattet. Die Lastenräder wurden ursprünglich mal vom Hersteller für den Transport von Kindern und Hunden konzipiert, haben sich aber auch für die Landschaftspfleger im Kurpark Bad Bevensen bewährt. „Die Zulademöglichkeiten reichen aus, um alle erforderlichen Werkzeuge wie Schaufeln, Laubharken, eine Motorsäge oder auch einen Laubbläser mitzuführen“, so Manfred Gebauer, der regelmäßig mit einem der Räder im Kurpark zu seinen jeweiligen Einsatzorten fährt. Ohne Elektroantrieb könne er sich den Einsatz der Lastenräder allerdings nicht vorstellen. Wenn das Rad beladen ist, komme einiges an Gewicht zusammen. Gerade auf den wassergebundenen Parkwegen sei es dann schwierig, das Rad ohne Elektrounterstützung auf Touren zu bringen. Für Wolf-Marcus Knape sind die Räder aber nicht nur eine sehr umweltfreundliche Möglichkeit, seine Mitarbeitenden im Park mobil zu halten:
„Ohne die Lastenräder hätten wir mehrere kleine Kommunaltraktoren samt Anhänger beschaffen müssen, was die Kosten deutlich nach oben verschoben hätte“.
Nun ist ein elektrisch angetriebener Transporter natürlich weitaus komplexer als ein Lastenrad und auch die erforderlichen Investitionen sind deutlich höher. Um letztere zu übernehmen, musste er zunächst etwas Überzeugungsarbeit in der Verwaltung der Samtgemeinde leisten. „Über die Fördermöglichkeiten hinaus, liegen die Beschaffungskosten je nach Fahrzeug um bis zu 25 % über denen eines Transporters mit Verbrennungsmotor“, rechnet Wolf-Marcus Knape vor. Trotzdem stieß er auf positive Resonanz der Verwaltung und die Ausschreibung konnte vorbereitet werden.

Praxistaugliche Reichweite
Zunächst wurde ein Lastenheft erstellt. Der Elektrotransporter sollte für einen Großteil der Aufgaben des Bauhofes einsetzbar sein. Dazu gehört der Transport von Mitarbeitenden und Material zu kleineren Tiefbaustellen, das Leeren der Papierkörbe, das Abfahren von Laub, aber auch die Baumpflege in der Stadt Bad Bevensen. „Wir haben dafür analysiert, welche Tagesleistungen ein solches Fahrzeug maximal erbringen muss, mit welchen Nutzlasten der Transporter unterwegs ist und was an Komfortfeatures an Bord sein sollte. Nach einer ersten Recherche im Internet bat der Baubetriebshofleiter einige Fahrzeuganbieter zu Vorführungen nach Bad Bevensen. „Ganz wichtig war dabei für uns, dass auch die Mitarbeitenden, die mit dem E-Transporter später unterwegs sein würden, Gelegenheit bekämen, mal eine Testrunde mit den Stromern zu drehen“, sagt er.
Anschließend wurde das Fahrzeug ausgeschrieben und der Münchner Anbieter Evum Motors setzte sich mit seinem aCar durch. Das Fahrzeug wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Technischen Universität München konzipiert und durch das im Anschluss daran gegründete Unternehmen Evum Motors zur Marktreife gebracht. Der Pritschentransporter besitzt eine hohe Bodenfreiheit und permanenten Allradantrieb, was ihn auch für Fahrten abseits befestigter Straßen qualifiziert. Die Reichweite gibt der Hersteller mit rund 200 km an. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. Geladen wird das aCar über eine normale 220 Volt-Steckdose. Als Aufbau hat sich der Baubetriebshof für einen Drei-Seiten-Kipper entschieden. Um das Fahrzeug auch im Winter komfortabel nutzen zu können, wurde außerdem eine Bio-Ethanolheizung eingebaut.
Positives Fazit
Das Fazit von Wolf-Marcus Knape nach dem ersten Einsatzjahr des aCar fällt überwiegend positiv aus: „Das Elektrofahrzeug hat sich aus unserer Sicht bewährt!“ Das gelte auch für Einsätze im ausgedehnten Wegenetz, das auch über Nordic Walking-Pfade verfüge, die weit über den Kurpark hinausreichen. Hier habe der Allradantrieb aber auch die große Bodenfreiheit des E-Transporters seine Vorteile ausgespielt. Natürlich entspricht das Komfortniveau nicht dem eines klassischen Transporters, das kann aber angesichts der überwiegend sehr kurzen Fahrzeiten vernachlässigt werden.“ Besonders positiv ist aus Sicht des Bauhofleiters, dass der Service von Evum Motors sehr schnell auf auftretende Probleme reagiert hat. „Da unsere Werkstattmitarbeiter nicht über die erforderlichen Qualifikationen für Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen verfügen, dürfen wir Reparaturen nicht in Eigenregie durchführen, sind also auf einen leistungsfähigen Service angewiesen.“ Schwerwiegende Probleme hat es jedoch bislang nicht gegeben.
Natürlich habe es Kinderkrankheiten, wie ein Problem der Steuerung beim Laden gegeben. Die hat einmal nicht richtig gearbeitet, was dazu geführt hat, dass das Fahrzeug nach einer Nacht an der Steckdose nicht geladen war und damit an diesem Tag auch nicht eingesetzt werden konnte. Überzeugend ist für den Bauhofleiter auch die sehr hohe Nutzlast des Stromers von mehr als einer Tonne. Angesichts der sehr umfangreichen Transportaufgaben, die auf einem Bauhof anfallen, sei das ein weiterer Pluspunkt.
Ein grundsätzlicheres Problem ist für Wolf-Marcus Knape dagegen, dass das aCar nicht über eine Servolenkung verfügt: „Gerade im innerstädtischen Einsatz, etwa bei der Entleerung von Papierkörben, ist einiges an Rangierarbeit erforderlich, was ohne eine effektive Lenkunterstützung nicht wirklich Spaß macht.“ Inzwischen bereitet der Baubetriebshofleiter die Ausschreibung eines weiteren Elektrofahrzeuges vor. Dort wird eine Servolenkung explizit vorgegeben. Damit werden die Mitarbeitenden des Baubetriebshofes Bevensen-Ebstorf dann auch innerstädtisch deutlich komfortabler unterwegs sein, ist sich Wolf-Marcus Knape sicher.
Stephan Keppler