Welche Rechtsform für den kommunalen Baubetriebshof?

Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz ermöglicht es den Kommunen, ihre Aufgaben möglichst frei auszuführen. „Frei“ bedeutet in diesem Fall, dass bei der Frage des „wie“ und der Wahl der Rechtsform ein größtmöglicher Entscheidungsspielraum besteht.
Bei der Auswahl der optimalen Rechtsform stehen sich im Wesentlichen Handlungsmöglichkeiten unter dem Dach der Stadt oder Gemeinde selbst und die Schaffung rechtlich selbständiger Unternehmensformen gegenüber.
Im Detail hängen die dabei bestehenden Möglichkeiten häufig von den jeweils einschlägigen landesrechtlichen Vorgaben ab. Der nachfolgende Beitrag orientiert sich vorwiegend an den Regelungen in Nordrhein-Westfalen.
Handeln als Stadt oder Gemeinde:
Hier stehen zum einen die „Urform“ des Regiebetriebs - also das Handeln als kommunaler Träger selbst - und zum anderen der Eigenbetrieb zur Verfügung.
Als Besonderheit gibt es in Nordrhein-Westfalen zusätzlich zum Eigenbetrieb die sog. eigenbetriebsähnliche Einrichtung.
Nach der gesetzlichen Definition des § 107 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO) NRW können nur wirtschaftliche Unternehmen Eigenbetriebe sein.
§ 107 Abs. 2 Satz 2 GO NRW eröffnet jedoch auch die Möglichkeit, die nichtwirtschaftlich tätigen Einrichtungen im Sinne des § 107 Abs. 2 GO NRW in einer Form zu organisieren, wie sie von Gesetzes wegen (§ 114 GO) für die gemeindlichen wirtschaftlichen Unternehmen vorgesehen ist. Städte und Gemeinden in NRW können daher Teile der Kommunalverwaltung - z. B. auch den Bauhof - organisatorisch verselbständigen und durch Einrichtung einer Betriebsleitung wie bei einem Eigenbetrieb (man spricht deshalb auch von einem eigenbetriebsähnlichen Betrieb) führen.
Der Regiebetrieb ist eine Organisationsform innerhalb der Ämterstruktur, die sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich zur Gemeinde gehört.
Auch der Eigenbetrieb bzw. die eigenbetriebsähnliche Einrichtung haben keine eigene Rechtspersönlichkeit und sind rechtlich identisch mit der Gemeinde. Sie bilden jedoch wirtschaftlich ein Sondervermögen der Gemeinde und müssen Wirtschaftsführung und Rechnungslegung so organisieren, dass eine separate und somit transparente Betrachtung auch von Vermögen und Verbindlichkeiten möglich ist. Die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebs und insbesondere die Geschäfte der laufenden Verwaltung obliegen der selbständigen und insoweit aus der Verwaltungshierarchie herausgelösten Betriebsleitung. Dies ermöglicht mehr operative Flexibilität als im Regiebetrieb.
Für den Eigenbetrieb bzw. die eigenbetriebsähnliche Einrichtung ist ein eigener Betriebsausschuss zu gründen, der neben der Funktion eines Fachausschusses zum Teil auch Aufgaben des Rates übernimmt, wie die Festlegung von Lieferbedingungen und die Genehmigung von Mehrausgaben.
Für die Gründung eines Eigenbetriebs bzw. einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung sind folgende Schritte erforderlich:
- Erstellung einer Eigenbetriebssatzung
- Erstellung einer Eröffnungsbilanz
- Ggf. Aufstellen eines Ausgliederungsberichts
- Wahl des Betriebsleiters
- Gründung des Betriebsausschusses
- Aufstellung eines Wirtschaftsplans
- Implementierung einer eigenständigen Buchführung
Schaffung einer selbstständigen juristischen Person:
Während die oben genannten Formen der Aufgabenwahrnehmung rechtlich identisch mit dem kommunalen Träger sind, haben andere Organisationsformen eine eigene Rechtspersönlichkeit. Naheliegend sind dabei insbesondere die Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) als öffentlich-rechtliche Unternehmensform sowie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als privatrechtliche Unternehmensform.
AöR
Unter anderem in Nordrhein-Westfalen kann gemäß § 114a GO NRW in Verbindung mit der Kommunalunternehmensverordnung (KUV) für Unternehmen und Einrichtungen die AöR als Organisationsform gewählt werden. Im Gegensatz zu Regiebetrieben und Eigenbetrieben ist die AöR ein eigenständiges Rechtssubjekt und Träger eigener Rechte und Pflichten.
Die AöR bildet mit ihren zwei Hauptorganen vereinfachte gemeindliche Organisationsstrukturen ab: Der vom Gemeinderat gewählte Verwaltungsrat (§ 2 KUV) ist das maßgebliche Entscheidungsgremium, der vom Verwaltungsrat bestellte Vorstand (§ 3 KUV) das operativ handelnde Organ.
Für die Gründung einer AöR sind folgende Schritte erforderlich:
- Erstellung einer Unternehmenssatzung und eines Wirtschaftsplans
- Anzeige bei der Kommunalaufsicht
- Anpassung von Arbeitsverhältnissen
- Wahl des Verwaltungsrats durch den Gemeinderat
- Bestellung des Vorstands
- Ggf. Anpassung des Ortsrechts
- Implementierung einer eigenständigen Buchführung
Ebenso wie die Gemeinde selbst kann die AöR unter Umständen umsatzsteuerpflichtig werden (§ 2b UStG), insbesondere soweit einzelne Tätigkeitsbereiche einen Betrieb gewerblicher Art darstellen. Nach diesen Maßgaben kann auch ein Leistungsaustausch zwischen der AöR und ihrer Trägerkommune umsatzsteuerpflichtig werden.
GmbH
Eine mögliche privatrechtliche Organisationsform für gemeindliche Einrichtungen ist die GmbH, deren Gründungsvoraussetzungen sich nach §§ 107, 108 GO NRW richten.
Auch die GmbH hat zwei Hauptorgane: Die Geschäftsführung (§ 6 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG) und die Gesellschafterversammlung (§ 48 GmbHG). Ein Aufsichtsrat (§ 52 GmbHG) kann zusätzlich eingerichtet werden, ist bei vollständig städtisch gehaltenen Gesellschaften jedoch nicht zwingend erforderlich.
Die GmbH bietet eine hohe Flexibilität in der Gestaltung ihrer Struktur und Zuständigkeiten, was eine Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der jeweils geplanten Aufgabenerfüllung ermöglicht.
Für die Gründung einer GmbH sind folgende Schritte erforderlich:
- Erstellung eines Gesellschaftsvertrags
- Notarielle Beurkundung des Vertrags
- Anzeige bei der Kommunalaufsicht
- Anpassung von Arbeitsverhältnissen und Erstellung eines Geschäftsführer-Vertrags
- Einzahlung der Stammeinlage auf das Geschäftskonto
- Erstellung einer Eröffnungsbilanz
- Aufstellung eines Wirtschaftsplans
- Anmeldung beim Gewerbeamt
- Implementierung einer eigenständigen Buchführung
GmbHs unterliegen der Körperschaft- und Gewerbesteuer, wobei Gewinne und Grundstücksverkäufe steuerpflichtig sind. Umsatzsteuerlich ist die GmbH als Unternehmen zu behandeln, was bedeutet, dass ihre Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Der Umsatzsteuerpflicht gegenüber steht die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies kann im Rahmen investiver Aufwände einen Zinsvorteil gegenüber direkt von der Gemeinde zu finanzierenden Investitionen darstellen. Allerdings wird die Umsatzsteuer auf Personal- und Standortkosten, die ggf. an die Gemeinde weiterzugeben sind, einen Nachteil darstellen.

Bewertung:
Die optimale Rechtsform für kommunale Aufgabenerfüllung kann nicht abstrakt benannt werden. Die Bewertung muss vielmehr anhand der jeweils zur Disposition stehenden Aufgabe sowie der konkret verfolgten Ziele ausfallen.
Naheliegende Bewertungskriterien sind dabei z.B.
- Effektive Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten
- Finanzielle / steuerliche Auswirkungen
- Möglichkeiten der Personalentwicklung
Selten erweisen sich die vorgestellten Rechtsformen im Hinblick auf die Aufgabenerbringung und die konkret verfolgten Ziele als ausschließlich vor- oder nachteilhaft. Häufiger ergeben sich in der individuellen Bewertung sowohl Vor- als auch Nachteile auf allen Seiten und die Entscheidung ist anhand vordringlicher Prioritäten zu treffen.
Ein konkretes Ziel für operative Aufgabenbereiche kann z.B. eine effizientere und schnellere Durchführung von Projekten oder Maßnahmen sein. Hierfür bieten die dargestellten Rechtsformen unterschiedlich ausgeprägte Möglichkeiten. Je flexibler die Handlungsmöglichkeiten einer Unternehmensform sind, desto geringer fallen zwangsläufig die Möglichkeiten der Steuerung durch Politik und ggf. auch Verwaltungsspitze aus. Dies kann je nach Blickwinkel und konkreter Zielsetzung sowohl als Vorteil wie auch als Nachteil wahrgenommen werden.
Auch gegebene Steuerpflichten, bilanzielle Folgerungen oder einfach der Gründungsaufwand für eine neu zu schaffende Rechtsform können sich zwar im Hinblick auf das Kriterium der finanziellen Auswirkungen nachteilig darstellen. Dabei muss für den kommunalen Bauhof insbesondere in den Blick genommen werden, dass er in der Regel nicht (vollständig) über Kommunalabgaben refinanziert wird. Das heißt, es wird eine jedenfalls teilweise Budgetausstattung durch die Trägerkommune erforderlich sein. Bei der Schaffung einer selbständigen juristischen Person wird das in aller Regel steuerliche Nachteile mit sich bringen.
Wenn jedoch z.B. eigenständige Handlungsmöglichkeiten, die Verkürzung von Entscheidungswegen etc. in der konkreten Zielsetzung eine höhere Priorität besitzen, werden evtl. Nachteile einer bestimmten Rechtsform möglicherweise geringer bewertet und damit in Kauf genommen.
Eine andere vordringliche Zielsetzung kann in Zeiten des Fachkräftemangels eine Steigerung der Attraktivität von schwer zu besetzenden Stellen sein. Hier könnte z.B. die GmbH mehr Möglichkeiten bieten, als der Stellenplan der Gemeinde selbst. Eine unterschiedliche Personalentwicklung in der Gemeinde einerseits und in einem gemeindlichen Unternehmen andererseits kann sich indessen nachteilig auf die Mitarbeitendenzufriedenheit in der Gemeinde insgesamt auswirken.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Entscheidungsprozess im Hinblick auf die Wahl einer zweckmäßigen Rechtsform für den kommunalen Baubetriebshof immer von der konkreten Ausgangs- und Interessenlage in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde ausgehen sollte.
Die Kommunal Agentur NRW hat bereits für eine Vielzahl von Kommunen eine tragfähige Entscheidungsgrundlage für die Wahl der optimalen Rechtsform bestimmter Aufgabenbereiche erarbeitet und entsprechende Unternehmensgründungen betreut. Dabei wird anhand der abzuarbeitenden Fragestellungen
- Wie ist der Status Quo?
- Was soll erreicht werden?
- Welche Prioritäten gelten hier?
- Welche Aufgaben kommen für eine Auslagerung in Betracht?
- Welche Schnittstellen gibt es?
- Wie sieht die optimale Aufbau- und Ablauforganisation aus?
die optimale rechtliche Organisationsform abgeleitet.
Viola Wallbaum, Kommunal Agentur NRW