Wildkrautbeseitigung - Maßgeschneidert

In Sachsenhagen erfolgt die Wildkrautbeseitigung mit einer Kombi aus mechanischer Bekämpfung und einem maßgeschneiderten Heißwasser-Schaum-System.
Bauhof-Mitarbeiter Walter Fahlbusch bei der Wildkrautbeseitigung mit dem Heißwasser-Schaum-System von iProGreen.

Drei Jahre lang sei er mit der Entscheidung für ein Wildkrautbeseitigungs-System „schwanger gegangen“, berichtet Ulrich Reumke bei unserem Besuch im September 2018. „Wir sind für uns zu dem Schluss gekommen, dass eigentlich nur eine Kombination aus thermischer und mechanischer Bekämpfung in Frage kommt.“

Die mechanische Beseitigung geschieht mittlerweile mit Hilfe einer Kehrmaschine: „Da reicht auch ein normaler scharfer Besen. Wenn man die Gosse alle 14 Tage damit reinigt, ist da auch kein Kraut“, ist sich der Bauhofleiter der Samtgemeinde Sachsenhagen sicher und weiter: „Wir als kleine Kommune können eine Kehrmaschine im Grunde aber nicht voll auslasten, was wiederum nicht den Kauf einer Neumaschine gerechtfertigt hat. Nach meiner Rechnung ersetzt eine Kehrmaschinen-Stunde allerdings 6 h Handfegen und hat aus diesem Grunde in unserem Bauhof durchaus eine Berechtigung.“ Und genau aus diesem Grund wurde schlussendlich im Jahr 2017 für 11.000 € eine 14 Jahre alte gebrauchte Kleinkehrmaschine angeschafft, die 3.500 Betriebsstunden auf der Uhr hatte. „Der Verrechnungssatz ist für diese Maschine dementsprechend klein. Ich gehe davon aus, dass die Maschine bei unserem recht geringen Einsatz noch ein paar Jahre macht. Sicherlich habe ich das Risiko, dass etwas kaputtgeht, da sie uns aber deutlich entlastet, ist dies gerechtfertigt“, so Ulrich Reumke.

Schnelle Aufheizzeiten

Auch bei der Wahl der thermischen Behandlungsmöglichkeit hat es sich der Bauhof nicht einfach gemacht und die verschiedenen Möglichkeiten verglichen, getestet und die eigenen Gegebenheiten und Möglichkeiten mit in die Entscheidung einbezogen. „Heißluft in Form von Flamme kam für uns aufgrund der Brandgefahr von vorneherein nicht in Betracht. Die anderen Heißluftsysteme haben für mich den Vorteil, dass sie einen relativ geringen Energieverbrauch haben. Die Handhabung ist aber nicht so einfach. Luft ist ein schlechterer Wärmeleiter als zum Beispiel Wasser und muss deshalb eigentlich mit Hilfe einer Art Glocke eingesetzt werden. Dies kann zu Problemen bei Problemunkräutern in Beeten wie beispielsweise Schachtelhalm oder an schwer zugänglichen Stellen führen, wo die Glocke nicht zielgerichtet genug eingesetzt werden kann“, sagt Ulrich Reumke.

Wohlwissend, dass ein höherer Energieverbrauch und höhere variable Kosten auf ihn zukommen, hat sich der Bauhofleiter schließlich für ein Heißwasser-Schaum-System der Firma iProGreen entschieden, das im Herbst 2017 beschafft wurde und seit der Saison 2018 zum Einsatz kommt. Es handelt sich dabei um ein Zweikreis-System, bei dem der Schaum als Trennmittel zur Atmosphäre dient, damit das ausgebrachte Wasser nicht so schnell auskühlt. Das System war zum einen bereits durch einen Dienstleister bekannt und zum anderen informierte sich der Bauhofleiter bei der nicht allzu weit entfernten Gemeinde Espelkamp, die solch ein Gerät bereits im Einsatz hatte. Nach dem Vergleich der Systeme verschiedener Hersteller fiel laut Ulrich Reumke der Entschluss zugunsten iProGreen aus folgenden Gründen: „Der Brenner des iProGreen Systems kann beim Umsetzen des Systems weiterlaufen, wodurch man keine Zeit für ein erneutes Aufheizen verliert. Und auch ansonsten ist der Aufheiz-Prozess bei diesem System mit nur 2 min im Vergleich zu manch anderem sehr schnell.“

Nach der Entscheidung für ein System stand die Frage im Raum, welches Trägerfahrzeug in Frage kommt. Durch die Einführung eines Hakenlift-Systems (siehe auch KommunalTechnik Ausgabe 03/2016) waren Kapazitäten auf einem Multicar frei. „Das bot sich auch dadurch an, da das Fahrzeug zum einen schmal ist und somit auch auf engen Fußwegen etc. eingesetzt werden kann, zum anderen aber auch über eine hohe Nutzlast verfügt, was Grundvoraussetzung für unsere Sonderlösung ist“, so Ulrich Reumke. Ein weiterer Pluspunkt war das Kriechganggetriebe des Multicars.

Dank eines mitgeführten Extra-Tanks stehen 3.000 l Wasser für eine Wildkrautbekämpfungs-Tour zur Verfügung.

Schnell umrüstbar

Doch warum war eine Sonderlösung von Nöten? „Das, was wir uns vorgestellt haben, gab es bei iProGreen so nicht. Wir haben uns dann mit dem Hersteller zusammengesetzt und einmal skizziert, wie wir das System für einen optimalen Einsatz benötigen“, berichtet der Bauhofleiter und erzählt, wie das System für den Sachsenhäger Bauhof beim Hersteller angepasst wurde. „Die Zusammenarbeit hat sehr gut geklappt. Der Hersteller war auch einmal mit seinem Schlosser-Meister hier vor Ort, um alles anzupassen.“

Die komplette Heißwasser- und Schaumeinrichtung bestehend aus Stromerzeuger, Brenner und Wassertank ist nun auf einem verzinkten Rahmen untergebracht, der auf dem Multicar Platz findet, aber nicht auf dessen Hydraulik oder sonstiges zurückgreift. Wird das Trägerfahrzeug anderweitig benötigt, kann das Wildkrautbeseitigungs-System mit wenigen Handgriffen und Hilfe eines Rad- oder Frontladers heruntergenommen werden. Das Aufnahmesystem auf dem Multicar wurde auf Wunsch des Bauhofes von iProGreen so konstruiert, dass es mit den vom Winterdienststreuer vorhandenen Befestigungselementen befestigt werden kann. So läuft der Multicar im Winter als Winterdienstfahrzeug und ab dem Frühjahr in der Wildkrautbeseitigung ohne dass große Umbauten am Aufnahmesystem nötig sind.

Weitere Sonderanfertigung: Wird der Multicar zwischendurch als Zugfahrzeug außerhalb der Wildkrautbeseitigung benötigt, kann die Wildkrauteinheit durch eine hoch- und runterrollbare Folie verdeckt und somit auch ansonsten vor ungünstiger Witterung und während der Winterpause geschützt werden.

Die Wildkrautbekämpfung kann dank des Kriechganggetriebes des Multicar Geräteträgers und einer Eigenbaulösung an geeigneten Stellen vom Fahrersitz aus erfolgen.

3.000 l Wasser für eine Tour

Rund 1.000 l Wasser führt das System in der Herstellervariante mit. Bei 18 l pro Minute sei der Tank nach rund einer Stunde leer. „Sehr unpraktisch, wenn man sich dann nicht in unmittelbarer Nähe des Baubetriebshofes befindet und das sind wir als Samtgemeinde-Bauhof selten“, sagt Ulrich Reumke. Gelöst wurde dieses Problem über einen 2.000 l fassenden Extra-Tank. Dieser ist ebenfalls auf einem verzinkten Rahmen untergebracht und durch eine eigene Pumpe ergänzt. Mitgeführt wird der gesonderte Tank hinter dem Trägerfahrzeug auf dem ebenfalls vorhandenen Multicar-Anhänger. Bei Bedarf wird mit Hilfe des Stromaggregates des Heißwasser-Schaum-Systems, das Wasser aus dem Extra-Tank nach vorne umgepumpt. Auch diese Lösung wurde von der Firma iProGreen für den Baubetriebshof Sachsenhagen umgesetzt.

Weiterhin gefiel dem Bauhofleiter nicht, dass das ursprüngliche System nur über eine Handlanze einsetzbar war: „Das ist auf Plätzen und an einzelnen Stellen sicherlich sinnvoll, wir pflegen unter anderem aber auch eine alte, mehrere kilometerlange Bahntrasse, die als Fahrradweg genutzt wird. Niemand kann stundenlang oder gar tagelang so langsam vor sich hingehen. Deshalb haben wir uns auch die Möglichkeit einer ‚fahrenden‘ Lösung gewünscht.“ Gesagt, getan – in diesem Fall wurde der Sonderwunsch allerdings vom Betriebsschlosser des Bauhofes Tobias Bender umgesetzt: Dieser konstruierte und baute für den Vorbauträger des Multicars ein Gestell, in das bei Bedarf die Wildkraut-Lanze eingehängt wird. Mithilfe eines Hydraulik-Zylinders kann diese rein- und rausgeschwenkt werden. Über den Vorbauträger kann ebenfalls vom Fahrersitz aus die Höhe variiert werden. „So kann unser Mitarbeiter viele Strecken im Kriechgang fahrend die Wildkrautbeseitigung im Sitzen erledigen. Bei Bedarf nimmt er die Lanze heraus und bearbeitet einzelne Stellen mit der Hand“, ist Ulrich Reumke begeistert. Mit dieser Lösung stehen insgesamt 3000 l Wasser zur Verfügung, ohne nachtanken zu müssen.

Gekostet hat den Bauhof diese komplette Lösung rund 45.000 €, wobei das iProGreen-System Grundgeräte hierbei mit ca. 25.000 € zu Buche schlägt. Eine Stange Geld für einen Baubetriebshof dieser Größe, das weiß auch Bauhofleiter Reumke: „Ja, das System ist schon teuer, weil wir auch recht viel von dem Schaummittel, in diesem Fall aus Kokosmilch, benötigen. Für uns passte das System aber einfach am besten und uns ist ein gepflegtes Erscheinungsbild der Gemeinde wichtig.“

Der Schaum dient als Trennmittel zur Atmosphäre, damit das ausgebrachte Wasser nicht so schnell auskühlt und genügend Zeit hat, um zu wirken.

Intensität nimmt ab

Die Kosten im Blick, erscheint es auch sinnvoll, dass das Gerät auch interkommunal im Baubetriebshof der Nachbargemeinde Wunstorf eingesetzt wird. Mit diesem arbeiten die Sachsenhäger bereits seit Jahren erfolgreich zusammen. „Wir haben den Wunstorfer Kollegen bereits auf den Friedhöfen ausgeholfen. Allerdings ist uns zunächst wichtig gewesen, unsere Flächen gut und ausreichend zu behandeln. Denn die Erfahrungen mit dem Heißwasser-Schaum-System zeigen, dass man im ersten Jahr alle Stellen mindestens viermal behandeln sollte, die benötigte Behandlungsintensität dann aber von Jahr zu Jahr abnimmt“, sagt Ulrich Reumke. Mit rund 300 Stunden Wildkrautbeseitigung pro Jahr kalkuliert er: „Wobei wir das in 2018 aus oben genannten Gründen überschritten haben. Im Grunde muss dafür in der Saison ein kompletter Mitarbeiter abgestellt werden.“

Gefahren und bedient wird das Wildkraut-System wie auch die Kehrmaschine von Mitarbeiter Walter Fahlbusch, der auch für die Kommunikation mit den Beetpflegern zuständig ist und sich mit diesen bei Bedarf abstimmt. „Welches System zum Einsatz kommt, wird unter anderem durch die Witterung bestimmt. Die Wildkrautbeseitigung mit der Kehrmaschine funktioniert am besten, wenn es leicht feucht ist, das Heißwasser-Schaum-System eher bei Trockenheit“, erklärt Ulrich Reumke.

Auch Neophyten wie der Riesenbärenklau haben laut dem Baubetriebshofleiter im Gemeindegebiet von Sachsenhagen Einzug erhalten: „Wir haben hier bisher zum Glück nur eine Problem-Stelle, die wir aber gut im Griff haben. Der Riesenbärenklau wird zunächst abgeschnitten und dann geht man mit einer speziellen Lanze des Heißwasser-Systems so tief wie möglich in den Pflanzenstängel hinein, um die Wurzel quasi tot zu kochen.“ Mehr Sorgen bereite ihm der Schachtelhalm, der in Beeten und auf Spielplätzen vorkommt: „Die Kollegen aus Espelkamp berichteten uns aber, dass man diese mit dem Heißwasser-Schaum-System nach zwei Jahren gut in den Griff bekommen soll.“

Mirja Schmatzler, Redaktion KommunalTechnik

Fotos: Schmatzler

Diese Reportage ist eine von vielen Praxis-Reportagen in der aktuellen KommunalTechnik-Ausgabe 2/2019. Eine kostenlose Leseprobe erhalten Sie hier.