Chemische Unkrautbeseitigung in der Kommune - das gilt!
Pflanzenschutzmittel werden gegebenenfalls auf Flächen angewendet, die aus pflanzenschutzrechtlicher Sicht unterschiedlich zu bewerten sind:
1. Nichtkulturland
1.1 Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind (§ 17 PflSchG)
1.2 Sonstige Nichtkulturlandflächen
2. Gärtnerisch genutzte Flächen
2.1 Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind (§ 17 PflSchG)
2.2. Sonstige gärtnerisch genutzte Flächen
Nach den Vorschriften des Pflanzenschutzgesetzes dürfen Pflanzenschutzmittel nicht auf Flächen angewendet werden, die weder landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich noch gärtnerisch genutzt werden. Vereinfacht ausgedrückt gilt für den öffentlichen Bereich: Pflanzenschutzmittel dürfen nur auf gärtnerisch genutzten Flächen angewandt werden. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ist dementsprechend die Einschätzung wesentlich, ob die im Einzelfall in Frage stehende Fläche als gärtnerisch genutzt angesehen wird oder nicht. Wesentlich für die Beurteilung der gärtnerischen Nutzung sind:
- die Zweckbestimmung und tatsächliche Nutzung der Fläche
- der nachhaltige menschliche Gestaltungswille und
- die Intensität der gärtnerischen Pflege der Fläche
Nichtkulturland
Nach § 12(2) des Pflanzenschutzgesetzes dürfen „Pflanzenschutzmittel … nicht auf befestigten Freilandflächen und nicht auf sonstigen Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, angewandt werden“.
Wird eine Fläche nicht oder nicht überwiegend für gärtnerische Zwecke genutzt, liegt in der Regel „Nichtkulturland“ vor. Als Nichtkulturland sind insbesondere anzusehen:
- Straßen, Wirtschafts- und Feldwege
- Bürgersteige, Gehwege, Radwege, Treppenanlagen
- Parkplätze, Garagen-, Grundstückszufahrten
- Hof- und Betriebsflächen, Industriegelände, Gleisanlagen
- Randbereiche zuvor genannter Flächen
- nicht begrünte Kinderspielplätze, Sandspielplätze
- nicht begrünte Flächenanteile von Sportplätzen, Tribünen
- Öd- und Unland, Feldraine, Hecken, Feldgehölze, Böschungen
Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf solchen Flächen ist nicht zulässig, um Abschwemmung von versiegelten Flächen in Oberflächengewässer und in die Kanalisation zu vermeiden oder andere Schutzgüter des Naturhaushalts vor den Risiken durch Pflanzenschutzmittel zu bewahren.
Verstöße werden mit einem Bußgeld bis 50.000€ geahndet.
Nicht zulässig sind überdies die oft propagierten Alternativen Essig oder Salz (oder anderer „Hausmittel“). Die als Lebensmittel deklarierten Produkte müssten als sogenannte Grundstoffe auf EU-Ebene genehmigt sein, um legal anwendbar zu sein. Jedoch wird die Anwendung chemischer Wirkstoffe (Essigsäure bzw. Natriumchlorid) auf Nichtkulturlandflächen generell äußerst kritisch gesehen.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nach § 12(2) PflSchG zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf nicht gärtnerisch genutzten Flächen durch die zuständige Behörde (Pflanzenschutzdienst des Bundeslandes).
Solche Ausnahmegenehmigungen können nur erteilt werden, wenn der angestrebte Zweck vordringlich ist und mit zumutbarem Aufwand auf andere Weise kein Erfolg erzielt werden kann.
Insofern sind Genehmigungen für private Grundstücke nicht möglich. Überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, dürfen der Genehmigung nicht entgegenstehen.
Die Vordringlichkeit der beantragten Pflanzenschutzmittelanwendung ist im Antrag hinreichend zu begründen und die zu beachtenden Rechtsgrundlagen, z. B. die Verkehrssicherungspflicht, sind zu benennen. Ebenso ist zu begründen, warum andere Verfahren gegenüber der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln einen unzumutbaren Aufwand darstellen. So sind beispielsweise die bisher getroffenen nicht-chemischen Maßnahmen zur Bewuchsbeseitigung zur Aufrechterhaltung der Verkehrs- oder Betriebssicherheit darzustellen. Dabei ist ein höherer Aufwand für alternative Verfahren bis zur Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren grundsätzlich zumutbar. Es handelt sich bei den Ausnahmegenehmigungen jeweils um Einzelfallgenehmigungen.
Dr. Thomas Brand, LWK Niedersachsen