Tapinoma Magnum als Herausforderung für Bauhöfe

Wo sie sich niederlässt, sorgt sie für große Probleme. Die invasive Große Drüsenameise (Tapinoma Magnum), hat in Teilen Südwest-Deutschlands bereits zahlreiche „Superkolonien“ gebildet. Sie unterhöhlt Pflasterungen, Bauwerke, sie dringt in Häuser ein und hat bereits für Schäden an technischer Infrastruktur wie Verteilerkästen gesorgt. Die zentralen Herausforderungen im Umgang mit der Art sind zum einen deren Bestimmung, zum anderen eine wirksame Bekämpfung.
Zuverlässig bestimmt werden kann die Große Drüsenameise bislang nur von Experten. Sie sieht der heimischen und unproblematischen schwarzen Wegeameise zum Verwechseln ähnlich. Das hat zur Folge, dass Kolonien der Tapinoma Magnum erst spät als solche erkannt werden. Das wiederum macht eine wirksame Bekämpfung bislang so gut wie unmöglich. Zu den Kolonien der Tapinoma Magnum gehören nicht selten tausende Königinnen, Millionen von aggressiven Ameisen, die heimische Arten verdrängen. Ihre Kolonien erstrecken sich über große Fläche, die Nester befinden sich unter der Erde. Bekämpft werden kann die Tapinoma Magnum allenfalls punktuell. Dafür werden in der professionellen Schädlingsbekämpfung vor allem der Wirkstoff wie Advion eingesetzt. Einige Kommunen nutzen darüber hinaus Heißwassertechnik zur gezielten Behandlung von Nestern. Beide Bekämpfungsverfahren haben jedoch nur dann eine Chance auch nachhaltigen Erfolg, wenn die Bekämpfungsmaßnahmen möglichst schnell nach einer Kolonisierung einsetzen.
Große Herausforderungen
Diese Herausforderungen standen jetzt im Mittelpunkt eines „Tapinoma Stakeholder Workshop“ im badischen Offenburg im Ortenau Kreis. In der Region befinden sich inzwischen mehrere „Tapinoma-Gemeinden“. Einer der bekanntesten Hotspots befindet sich in der Stadt Kehl. Organisiert wurde der Workshop von den Naturkundemuseen in Stuttgart und Karlsruhe. Beiden Museen wurden vom Land Baden-Württemberg jetzt mit Forschungsmitteln ausgestattet, um die Ausbreitung der Tapinoma Magnum genomisch und ökologisch zu analysieren. Diese Analyse soll als Grundlage für ein effektives Management genutzt werden. Ziel ist es, langfristig wirksame und wissenschaftlich basierte Gegenmaßnahen zu entwickeln.
Der jetzt stattgefundene Workshop mit Stakeholdern aus Wissenschaft, Politik Verwaltung und Gesellschaft bildete den Auftakt des Forschungsprojektes. Diskutiert wurden der aktuelle Wissenstand sowie ein koordiniertes Vorgehen aller Beteiligter. Bedauerlich: Kaum vertreten waren an der Veranstaltung professionelle Schädlingsbekämpfer.
Als konkrete Arbeitsaufträge wurden im Rahmen des Forschungsprojektes neben der Organisation der Auftaktveranstaltung eine Kartierung der Invasionsdynamik, die Identifikation von Umweltfaktoren sowie die Erstellung von Handlungsempfehlungen für die betroffenen Kommunen und Privatpersonen beauftragt.
Die Tapinoma magnum ist eine von fünf morphologisch sehr ähnlichen Arten des Tapinoma nigerrimum-Komplexes. Neben der Tapinoma magnum bilden auch die Tapinoma ibericum und die Tapinoma dario polydome Superkolonien mit vielen Nestern. Daraus resultiert eine schnelle Vermehrung.
Tapinoma magnum gelten als aggressiv und bissig, sie besiedeln Grünanlagen, Gärten, Spielplätze und Friedhöfe.
Die Nester befinden sich häufig in der Nähe von Mauern. Durch die Aufnahme ständig neuer, begatteter Jungköniginnen in den Kolonien werden diese potenziell unsterblich. Das Wissen um die Lebensumstände der Tapinoma Magnum, das im Rahmen des Forschungsprojektes ausgebaut werden soll, ist von elementarer Bedeutung für mögliche Bekämpfungsstrategien.
Stadt Kehl: Bekämpfung mit Heißwasser
An denen Arbeitet auch die Stadt Kehl. Gregor Koschate von der Stadtverwaltung Kehl berichtete auf dem Workshop über die bislang gesammelten praktischen Erfahrungen mit einem Management ohne Pestizide in Kehl. Dort wurden 2020 erstmal ein größeres Aufkommen „schwarzer Ameisen“ gemeldet. Die wurden zunächst mit der Schwarzen Wegeameise (Lasius niger) verwechselt. Im Frühjahr 2023 gab es vermehrt Beschwerden, was in der Folge schließlich zur Bestätigung führt, dass es sich um die Tapinoma magnum handelte. In Kehl hat man daraufhin anderen betroffenen Städten kontaktiert, um Informationen für eine mögliche Bekämpfung zu sammeln. Da biotische Gegenspieler wie Nematoden, Bakterien oder Pilze noch nicht ausreichend erforscht sind und mit derzeit verfügbaren Insektiziden nach Ansicht der Verantwortlichen in Kehl keine Tilgung von Kolonien möglich ist, hat sich die Stadt für physikalische Bekämpfungsverfahren mit Hilfe von heißem Wasser entschieden.
Zunächst wurden im Herbst 2023 und im Frühjahr 20245 acht oberflächliche Maßnahmen mit Heißschaum durchgeführt. Hohen Kosten von rund 20.000 € stand nur ein geringer Bekämpfungserfolg gegenüber. In Kehl hat man daher in ein eigenes Heißwassergerät investiert und eine Bekämpfungsstrategie entwickelt. Seit Juli 2024 werden die unterschiedlichen Kolonien in der Stadt mit einem Bekämpfungsintervall von mindestens einmal pro Woche behandelt. Zum einen wird an der Oberfläche durch direktes Verbrühen bekämpft, zusätzlich werden bekannte Nester durch Ausspülen der Nester mit einer speziellen Lanze bekämpft. So konnten einige Nester vollständig getilgt werden. Kehl sieht sich mit seiner Strategie auf einem guten Weg. Durch die 2024 erfolgten Maßnahmen konnte die Ameisenpopulation deutlich wahrnehmbar reduziert werden. In diesem Frühjahr wurde die Bekämpfungsstrategie dahingehend angepasst, dass Kernnester möglichst lokalisiert und getilgt werden sollen. Bis Ende Mai 2025 werden dafür zwei Vollzeit-Arbeitskräfte eingesetzt.
Tempo als Erfolgsfaktor
Eine andere Bekämpfungsstrategie hat man in Zürich in der Schweiz gewählt. Dort wurde im März 2024 ein Ameisenbefall in einer Mietwohnung festgestellt, wie Werner Tischhauser von der Stadt Zürich berichtete. Die Ameisen wurden durch Hinzuziehung von Experten schnell, als Tapinoma Magnum identifiziert und der Fall an die Neobiota-Stelle des Kantons Zürich gemeldet, die wiederum eine Aufforderung zur Bekämpfung erteilte. Die begann bereits am 11. April 2024. Ein auf Insekten spezialisierter Schädlingsbekämpfer setzte daraufhin das Fließmittel Fortissima mit dem Wirkstoff Permethrin, ein Ködergranulat mit dem Wirkstoff Chrysanthemum Folium sowie die Fraßköder Advionn Ant und Maxforce Quantum ein.
Die Behandlung erfolgte anfangs einmal wöchentlich. Insgesamt kam es bis August 2024 zu 14 Behandlungen. Eine Nachkontrolle im März dieses Jahres hat keinerlei Aktivitäten in dem Bereich mehr ergeben. In wenigen Wochen soll noch eine Abschlusskontrolle erfolgen. Erfolgsfaktoren der Bekämpfung sind nach Ansicht von Werner Tischhauser zum einen das Tempo bei der Bestimmung der invasiven Art, die schnelle Erwirkung einer Bekämpfung und der anfangs hohe Bekämpfungsrhythmus. Zum anderen sei die Hinzuziehung eines professionellen Schädlingsbekämpfers mit dem entsprechenden Fachwissen für Bestimmung, Witterung und Planung der Maßnahme Teil des Erfolges. Beide Beispiele machen deutlich, dass es möglich ist, Kolonien im Anfangsstadium zu tilgen oder im fortgeschrittenen Stadium zumindest zu reduzieren.
Stephan Keppler