Reportage: Müllbeseitigung auf Grünflächen
Kurz vor 7 Uhr herrscht reger Betrieb auf dem Gartenamt in Würzburg. Die Mitarbeiter starten die Zeiterfassung, besprechen sich kurz und brechen zu den Einsätzen des Tages auf. Ein Mitarbeiter ist Rainer Wuttig, der mit einem kleinen Pritschenfahrzeug zu seinem Arbeitsgebiet aufbricht. Sein Zuständigkeitsbereich ist die Altstadt von Würzburg, die direkt an das Mainufer grenzt. Am Ufer angekommen sagt Rainer Wuttig: „Gestern Abend war es nicht warm genug – eigentlich ungewöhnlich für den Juli. Aber gut für mich, denn so muss ich heute wenig Müll beseitigen – es stehen lediglich ein paar leere Flaschen und Becher rum. Wenn es aber abends so richtig schön ist, dann sieht das hier am Morgen ganz anders aus. In meinen 30 Dienstjahren bei der Stadt habe ich da schon einiges gesehen.“ Ein viel größeres Problem sind für den gelernten Gärtner am heutigen Tag die vielen Kaninchen, die sich an den Pflanzen in den Grünflächen zu schaffen machen. Munter hoppeln sie davon und bleiben nur wenige Meter weiter sitzen. „Die wissen, dass wir sie nicht kriegen“, kommentiert Rainer Wuttig.
Neue Grillplätze
Da es hier nicht viel zu tun gibt, fahren wir weiter auf die andere Main-Seite, in die Zellerau. Die Parkanlage zieht sich entlang des Flusses und wird gerne von der Bevölkerung zum Sport, Grillen oder zu Spaziergängen genutzt. Große Bäume spenden Schatten und die Stadt hat an einer Stelle fest installierte Grillplätze eingerichtet.
Rainer Wuttig war früher für dieses Gebiet in der Zellerau verantwortlich. Vor einem Jahr wurden die Zuständigkeiten jedoch geändert und so verabschiedet er sich, um den wenigen Müll auf der anderen Mainseite zu beseitigen. Ich begrüße Anja Schlereth. Die Vorarbeiterin, zuständig für den Bereich Zellerau, ist heute mit ihren Kollegen Michael Gölb und Sonja Wirth unterwegs. Der Arbeitstag beginnt auch für sie mit der Überprüfung der Grünflächen. Da es Freitag ist, steht die Leerung der Mülleimer an. Anja Schlereth erklärt: „Wir leeren die Eimer montags, freitags sowie am Wochenende. Wenn sehr viel Müll anfällt, dann auch am Mittwoch. Aber auch hier sieht es heute sehr gut aus – wenig liegt auf der Wiese. Das Leeren der Eimer ist nämlich gar nicht das Problem. Das kostet zwar auch Zeit, aber viel schlimmer ist der wild zurückgelassene Müll auf den Grünflächen.“ Vereinzelt liegen Becher, Flaschen oder Tüten im Gras. Unter einer Sitzgelegenheit liegen Scherben. Sonja Wirth meint: „Das ist immer besonders ärgerlich. Da bleibt uns nichts anderes übrig als die Scherben von Hand zwischen den Steinen herauszulesen.“ Das Tragen von robusten, aber flexiblen Handschuhen ist Pflicht, um notfalls auch Müll per Hand auflesen zu können, ohne sich zu verletzen.
Sicher verpackt
In der Zwischenzeit hat ihr Kollege Michael Gölb bereits angefangen die Mülltonnen zu leeren. In den Tonnen stecken feste Plastiksäcke mit einem Volumen zwischen 80 und 100 l. Die Säcke werden vor dem Abtransport mit einem Kabelbinder verschlossen. Dieses System hat sich bewährt, denn zu häufig ist es vorgekommen, dass sich Säcke während des Transports geöffnet haben, wenn sie umgeschlagen oder verknotet waren. Und schon landete die Mischung aus Einweggrills, Flaschen oder Hundekot-Beuteln auf der Ladefläche der Pritsche.
Zügig und Hand in Hand geht die Arbeit voran. Neue Beutel werden in die Eimer eingehängt und zurück in die Vorrichtung geschoben. Danach setzen wir die Fahrt fort und Anja Schlereth erklärt: „Unsere Arbeit beginnt morgens meist am Mainufer. Dort sammeln wir an den entsprechenden Tagen den Unrat ein. Leider nimmt das häufig so viel Zeit in Anspruch, dass wir kaum zu unseren anderen Aufgaben kommen. Wir kümmern uns natürlich auch noch um die Pflege der Grünflächen: Mähen, das Kontrollieren die Bäume oder Bepflanzen die Beete.“
Auf der langsamen Fahrt zur nächsten Grünfläche in der grünen Pritsche kommen wir am Fest- und Messegelände der Stadt vorbei. In Würzburg finden über das Jahr verteilt viele Großereignisse statt. Dazu zählt das „Umsonst-und-Draußen-Festival“, das Afrikafestival oder das gerade stattfindende Kiliani-Volksfest. Die Autos der Besucher können unter der Friedensbrücke geparkt werden und auch größere Fahrzeuge der Aussteller finden dort Platz. Wo viele Besucher sind, fällt dementsprechend viel Müll an – es wird schon keiner sehen, wenn man in der Dunkelheit den Müll noch schnell aus dem Autofenster entsorgt. Doch die Flächen sehen erstaunlich sauber aus und Anja Schlereth sagt: „Für die Sauberkeit des Festgeländes sowie den Parkplatz ist eine private Reinigungsfirma zuständig. Soweit ich weiß, sind zwei Personen für die Säuberung der Flächen zuständig und erledigen ihre Aufgabe offensichtlich gut. Jeden Morgen reinigen sie das Festgelände sowie die umliegenden Flächen, zu denen auch die Straßenübergänge oder der Parkplatz gehören. Die Arbeit wäre für uns sonst gar nicht zu schaffen.“
Lösung: Alkoholverbot
Wir sind am Rande des Zuständigkeitsgebiets am Westufer des Mains unterhalb der Alten Mainbrücke angekommen. Dieser Bereich war bis vor ein paar Jahren eine echte Problemzone. Die direkt am Wasser in unmittelbarer Nähe zur Altstadt gelegene Grünfläche wurde von sehr vielen Bewohnern als Ort für Grillfeiern oder nächtliche Partys genutzt. Dementsprechend groß waren die zurückgelassenen Müllberge und besonders ärgerlich: die vielen zerbrochenen Flaschen. Es kam jedoch erst Bewegung in die Sache, als sich zunehmend Anwohner über den Lärm beschwerten, den die Feiernden verursachten. So beschloss der Stadtrat ein absolutes Alkoholverbot in diesem Bereich. Anja Schlereth erklärt: „Diese Maßnahme zeigte erst nach und nach seine Wirkung. Zunächst wurden Schilder aufgestellt. Das allein reichte jedoch leider nicht: Die neue Regelung musste mit Hilfe der Polizei und des Ordnungsamtes streng durchgesetzt werden. Die Gruppen, die zuvor auf der Fläche gefeiert haben, sind zu anderen Orten ausgewichen und zumindest in diesem Bereich sank das Aufkommen des Mülls.“ Völlig frei von Vermüllung ist jedoch auch diese Fläche nicht – das zeigen die herumliegenden Pappbecher, Essensboxen oder Zeitungspapier. Das Alkoholverbot ist also nur eine Teillösung.
Problembereich Spielplatz
Nach der Reinigung des Mainufers setzt die Kolonne die Route durch das Wohngebiet fort, das ebenso in ihre Zuständigkeit fällt. Kritische Punkte sind dort vor allem die Kinderspielplätze. Sonja Wirth beschreibt das Problem: „Abends treffen sich Leute dort, um zu trinken. Zerbrochene Flaschen sind auf den Spielplätzen besonders kritisch, wenn am nächsten Tag wieder Kinder spielen. Uns bleibt nichts anderen übrig, als sehr genau hinzusehen und zu versuchen sämtliche Scherben zu entfernen.“ Zum Reinigen des Sandes oder der Grünflächen setzen die Mitarbeiter Greifzangen oder Laubbläser ein, sofern dies möglich ist.
Wie auch am Mainufer ist glücklicherweise wenig Müll zu sehen, sodass die Tour schnell beendet ist. „Wir können den Arbeitsaufwand pro Tag nur ungefähr einschätzen“, so Anja Schlereth und weiter: „Am schlimmsten sind die ersten warmen Tage im Frühjahr. Dann strömen die Menschen hinaus auf die Grünflächen und das Aufkommen an Müll steigt enorm an. Um den Wochenenddienst zu planen, ist der Blick auf den Wetterbericht Pflicht. Sobald ein heißes Wochenende angekündigt ist, müssen wir uns bereithalten.“
‚Mein Zuständigkeitsbereich‘
Zurück im Gartenamt erklärt Gartenamtsleiter Dieter Müller das System genauer. „Wir sind als Gartenamt für die Reinigung der Grünflächen zuständig. Dabei stehen wir in engem Kontakt zu den Würzburger Stadtreinigern. Diese kümmern sich um die Säuberung der Straßen und Wege und halten auch entsprechende Reinigungstechnik vor. Die Zusammenarbeit funktioniert gut, weil es kein Schubladendenken zwischen ‚meinem‘ und ‚deinem‘ Bereich gibt.“ Dieter Müller setzt bewusst auf die enge Bindung seiner Mitarbeiter zum jeweiligen Bezirk. „Wenn man lange für den gleichen Bereich zuständig ist, steigt die Identifizierung. Man kennt die Anwohner und ‚seine‘ Flächen genau und schaut vielleicht einmal genauer hin, um diese sauber zu halten. Das ist auch der Grund, warum wir nicht dauerhaft mit privaten Firmen zusammen arbeiten.“
135 Mitarbeiter sind im Gartenamt beschäftigt, davon sind 105 für den Erhalt und die Pflege der Grünflächen zuständig. Die Zahlen und Fakten des Einsatzgebiets kennt Dieter Müller genau, denn schon seit 40 Jahren arbeitet die Stadt Würzburg mit einem Kataster. Darin sind sämtliche Flächen erfasst. Die Zuordnung der Tätigkeiten mittels Kostenstellen befindet sich gerade im Aufbau. „Unser Aufgabenspektrum ist in den vergangenen Jahren gewachsen“, sagt Dieter Müller. „Wir sind nur für das Mähen der Flächen zuständig. Wir müssen uns weiter entwickeln, ebenso, wie sich das Freizeitverhalten der Bürger in den letzten Jahren verändert hat. Viel mehr Aktionen werden nach draußen verlagert und wir reagieren darauf, unter anderem mit der Schaffung von Grillplätzen, Radwegen oder Skateparks. Das alleine reicht jedoch nicht. In der Planung achten wir auch darauf, dass genügend Mülleimer vorhanden sind und ob ein Anschluss an das Abwassernetz möglich ist. In der Zellerau haben wir an den Grillplätzen eine öffentliche Toilette geschaffen. Wo das nicht möglich ist, behelfen wir uns mit mobilen Toiletten.“
Einfach liegen lassen?
Doch das Müllproblem war bislang nicht in den Griff zu bekommen und das Aufkommen ist stetig gewachsen. Waren es vor sieben Jahren noch ca. 80 – 90 t Müll pro Jahr, fallen nun im Schnitt 110 t Restmüll auf den Grünflächen an. Dieser wird zunächst auf den Pritschen zusammengetragen und auf dem Gelände des Gartenamts in großen Absetzmulden gesammelt. Wenn diese voll sind, werden sie im Heizkraftwerk, wie anderer Restmüll, verbrannt. Die Glasflaschen versuchen die Mitarbeiter zuvor zu entfernen und entsorgen diese über Altglascontainer.
Zeit kostet der Müll, der nicht in den Eimern landet, sondern aufgelesen werden muss. Mit Aktionen wurde schon versucht, darauf aufmerksam zu machen, wie Dieter Müller erklärt: „ Einmal haben wir die regelmäßige Reinigung einfach ausgesetzt. Natürlich sahen die Flächen schnell sehr schlimm aus und dementsprechend hagelte es Beschwerden. Das muss man erstmal aushalten können! Gebracht hat diese Aktion leider reichlich wenig – im Gegenteil. Wir beobachten das Phänomen, dass mehr Müll hinzukommt, wo schon etwas liegt. Wir reden hier nicht nur von Pappbechern, Glasflaschen oder Einweggrills. Wir finden ganze Zelte, Gartenabfälle, Autoreifen usw. Außerdem gab es zusammen mit der Würzburg Basketball-Mannschaft, den S’Oliver Baskets, eine Imagekampagne, den Müll in die Körbe zu werfen und nicht daneben. Aber es ist ein bisschen wie in der Kirche: Die, die man mit der Aktion erreicht, braucht man meist nicht zu bekehren. Es ist oftmals eine Erziehungssache, ob man seinen Müll korrekt entsorgt, oder liegen lässt. Leider fehlt oft das Bewusstsein, dass andere Leute den Unrat entsorgen müssen, den man zurück lässt.“
Bislang sei nur das lokale Alkoholverbot eine wirksame Lösung gewesen, so Dieter Müller abschließend. Eine Option für alle Flächen kann und soll ein solches Verbot aber nicht sein.
Maren Schlauß, Redaktion KommunalTechnik
Der Artikel ist in der Zeitschrift KommunalTechnik Ausgabe 5, 2017 erschienen.