Laubbeseitigung im Bauhof Bad Wildungen
8:00 Uhr: Auf dem Bauhof
Bereits eine Stunde vor meinem Eintreffen am Bauhof sind die Mitarbeiter zu ihren Einsatzgebieten ausgerückt. Dementsprechend ruhig ist es auf dem Bauhof in Bad Wildungen in Nordhessen. Doch da es zu dieser Zeit noch dunkel war – denkbar schlecht für gute Fotos – treffe ich mich zunächst mit Ralf Blümer in seinem Büro. Er ist seit 1998 der Leiter des Bauhofs. Das Verwaltungsgebäude inklusive der Büros liegt inmitten des Geländes.
Wir machen hier fast alles selbst.
Die Stadt umfasst zehn Stadtteile und hat ungefähr 16.700 Einwohner. Insgesamt sind 57 Mitarbeiter und zwei Auszubildende auf dem Bad Wildunger Betriebshof beschäftigt. Eine recht hohe Zahl im Vergleich zu anderen Städten dieser Größe und Ralf Blümer erklärt: „Wir machen hier fast alles selbst. Die Stadt leistet sich diese hohe Anzahl von Mitarbeitern, um sämtliche Arbeiten eigenständig durchführen zu können. So ist der Bauhof für die Müllbeseitigung ebenso zuständig wie für die Grünpflege des größten Kurparks in Europa, die Straßenreinigung oder den Winterdienst. Zum Team der Gärtnerei, die für die ausgedehnten Grünflächen der Stadt verantwortlich ist, gehören 20 Mitarbeiter. Darunter drei, die sich ausschließlich um die 14 Friedhöfe der Stadt kümmern und ein Stadionpfleger. In der Schreinerei arbeiten vier Mitarbeiter und in der Werkstatt zwei weitere Personen. Hinzu kommen zwei Maler und fünf Personen, die für die Müllentsorgung zuständig sind. Das sind für die Größe unserer Stadt schon extrem viele Mitarbeiter.“
Die Vorteile liegen für Ralf Blümer, der auch Leiter der Feuerwehr ist, auf der Hand: Er und seine Mitarbeiter können extrem flexibel reagieren und die Dienstwege sind kurz. „Wir drücken auch mal ein Auge zu, wenn ein Anwohner vergessen hat seine Mülltonne vor die Tür zu stellen. Ein Anruf bei mir genügt in der Regel und das Entsorgungs-Team kann nochmal zur vergessenen Tonne zurück fahren. So etwas ist bei einem externen Dienstleister kaum möglich, oder kostet gleich extra“, so Ralf Blümer.
9:00 Uhr: Es tut sich etwas
Einige Zeit später beginnt es sich auf dem Bauhof zu regen. Lieferanten fahren auf das Gelände oder Einwohner kommen mit ihren Anliegen direkt ins Bürogebäude. So liegen die häufig nachgefragten Gelbe Säcke stets griffbereit. Neben Ralf Blümer arbeiten im Büro drei weitere Angestellte in Teil- und Vollzeit. Der Bauhof ist kein Eigenbetrieb, aber rechnet alle erbrachten Leistungen mit der Stadt ab. Jede Tätigkeit ist mit einer Nummer versehen und wird durch die Mitarbeiter auf Stundenzetteln festgehalten. Das Laubblasen hat etwa die Nummer 0720.
Am heutigen Tag sind drei Trupps für die Laubentsorgung unterwegs. Bis spätestens 9 Uhr müssen die belebten Punkte wie die Brunnenallee gesäubert sein, weil dort danach zu viele Passanten unterwegs wären. Doch bei Grünflächen von etwa 125 ha, mehr als 20.000 Bäumen und 50 km Wegen sowie 170 Straßenkilometern kommen genügend Flächen zusammen, um auch danach an anderer Stelle weiter zu machen.
9:45 Uhr: Wir starten
Es wird Zeit, sich zu den Mitarbeitern auf den Weg zu machen. Gemeinsam mit Gärtnermeisterin Bettina Vonde und Ralf Blümer geht es im Kleinwagen Richtung Kurpark. Für die kurzen Wege innerhalb der Stadt wären Elektroautos denkbar. Sogar für einen elektrischen Geräteträger hat sich Ralf Blümer interessiert, doch er sagt: „Wir haben hier Straßen mit einer Steigung von bis zu 20 %. Testweise hatten wir einen e-Geräteträger vor Ort. Mit einigen Kilos Streusalz an Bord haben wir das Fahrzeug dann natürlich auch an diesen Straßen getestet. Den Hohlweg meisterte das Fahrzeug gerade so, doch auf dem Weg zum Friedhof ging dann nichts mehr. Elektroantriebe sind sicherlich eine gute und nützliche Sache, aber für unsere Stadt noch ungeeignet.“
Beim Thema Laubbläser setzt die Stadt dagegen schon länger auf Akkugeräte. Insgesamt drei Geräte von der Firma Pellenc samt Akkurucksack sind mittlerweile im Einsatz. Zunächst waren die Mitarbeiter skeptisch, als ein erstes Gerät angeschafft wurde. Ob die Akkulaufzeit ausreichen würde? Hat das Gerät die gleiche Blasleistung wie ein benzinbetriebenes? Doch nach den ersten Einsätzen waren die Mitarbeiter überzeugt – die Laufzeit des Akkus beträgt beim Einsatz, je nach Beschaffenheit des Laubs, ungefähr 5 h. Eine Motorsäge und Freischneider mit Akkus wurden ebenfalls angeschafft.
10:00 Uhr: Im Kurpark
Wir biegen um die Kurve und schon kommt das Gelände des Kurparks in Sicht. Auf einer Wiese, auf der große Kastanienbäume stehen, arbeiten drei Mitarbeiter des Bauhofs. Mit den drei akkubetriebenen Bläsern entfernen sie das Laub von den Beetflächen und blasen es auf die Wiese. Von dort sammelt es ein weiterer Mitarbeiter mit Schlepper und angehängtem Amazone-Mulcher. „Etwa 1 m³ Laub können wir mit dieser Maschine aufsammeln. Auf einem Parkplatz in der Nähe tragen wir dann das Laub zusammen, bevor es weiter verladen wird. Für kleine Flächen ist diese Methode eine gute Alternative zum manuellen Aufsammeln oder den Laubsauger“, so Ralf Blümer.
10:20 Uhr: Hilfe durch den Laubsauger
Vorbei an einer Konzertmuschel, in der regelmäßig gespielt wird, geht es zu Fuß weiter durch den Kurpark. Durch die Zusammenlegung des Bad Wildunger und Reinhardshäuser Parks gilt er nun als größter Kurpark Europas. Die Stadt hat pro Jahr etwa 1,5 Mio. Übernachtungen und für eine positive Außendarstellung eine große Marketing-Abteilung. Über das Jahr verteilt finden zahlreiche Feste statt, bei deren Ausrichtung der Bauhof stark mit eingebunden ist. Ein Highlight bildet dabei das Lichterfest, bei dem die Wege und Rasenflächen des Kurparks mit tausenden Teelichtern gesäumt werden. In der Stadt selbst finden Veranstaltungen wie der Blumenkorso, das Jazz- oder Samba-Festival statt, bei der mitunter die gesamte Innenstadt zum Festgelände umgebaut wird. Die Veranstaltungen werden vom Bauhof begleitet – sei es durch Mithilfe beim Aufbau oder bei der anschließenden Straßenreinigung.
Aber auch außerhalb von Veranstaltungen nutzen viele Kurgäste und Bewohner den Park – insbesondere an einem sonnigen Herbsttag wie heute. Auf dem vor uns liegenden Weg türmt sich das Laub. Er führt zu Wandelhalle, dem Gebäude inmitten des Parks. Kurgäste nutzen diesen Ort gerne zum Verweilen, zu einem Museumsbesuch oder dem Probieren einer der zahlreichen Heilquellen der Region.
Laubsammeln mit dem Ladewagen hat sich bewährt.
Die zweite Truppe des Bauhofs hat bereits ganze Arbeit geleistet und viel Laub vom Hang und von den Wiesen auf den Weg geblasen. Diese Kolonne ist mit drei Personen unterwegs – samt drei Benzinblasgeräten und einem Laubsauger. Zunächst waren alle mit dem Zusammentragen der Kastanien und Eichenblätter beschäftigt. Jetzt fährt Mitarbeiter Herr Kühn den alten Case-Schlepper, während Herr Andreas den Saugrüssel des Laubsaugers steuert.
Ralf Blümer erklärt das Konzept: „Hier im Kurpark, wo sehr viel Laub anfällt, hat sich dieses Vorgehen bewährt. Der Ladewagen fasst mit etwa 30 m³ deutlich mehr Masse als der kleine Mulcher. Sind die Blätter auf dem Weg zusammengetragen können diese relativ zügig eingesaugt werden. Im Anschluss fährt eine Kehrmaschine über die Fläche und sammelt letzte Reste auf.“
Die Laubentsorgung mit einer Kehrmaschine durchzuführen, wurde versucht, doch zu schnell war die Maschine gefüllt. Die Laubsauger-Methode hat jedoch auch ihre Grenzen, wie die Mitarbeiter zugeben. Insbesondere bei nassem und schwerem Laub gelingt das Einsaugen nicht immer, da sich das Laub zu regelrechten Platten zusammenpresst. Nach der kurzen Arbeitspause zeigt sich ein Nachteil der Benzinblasgeräte. So muss stets ein weiterer Mitarbeiter anwesend sein, um den Motor auf dem Rücken von Herrn Gross zu starten. Doch zum Glück sind die Mitarbeiter im Team unterwegs und setzen ihre Arbeit fort.
10:45 Uhr: Sammelplatz für Laub
Vorbei an der Wandelhalle laufen wir zum Parkplatz hinter dem Gebäude. Dort wird das Laub gesammelt. Ist die Säuberung der Wiesen und Wege abgeschlossen, verlädt ein Radlader das Laub in Container. Die endgültige Entsorgung wird ausgeschrieben, in den vergangenen Jahren ist das Laub nach Thüringen in eine Kompostierungsanlage gebracht worden. Ralf Blümer sagt: „Bevor sich dieses System etabliert hat, haben wir das Laub untergemulcht, oder sogar in den Wald gebracht.“
Die Bepflanzung der Beete macht viel Arbeit.
Auf dem Rückweg zum Auto fällt auf, wie viele Beete, Gehölze und Teiche sich entlang der Wege befinden. Bettina Vonde erklärt: „Die Bepflanzung der Beete macht viel Arbeit. Doch diese sind auch das Aushängeschild der Stadt – insbesondere hier im Kurpark, wo sich sehr viele Gäste aufhalten. Trotzdem haben wir die Bepflanzung in den letzten Jahren leicht umgestellt. So sind die Beete auf der Brunnenallee nun zum Teil mit einfacher zu pflegenden Pflanzen, wie Gräsern bestückt.“
11:00 Uhr: Intensive Pflege
Zurück am Auto fahren wir entlang des Landesgartenschau-Geländes zur nächsten Station. Die Pflege des etwa 20 ha umfassenden Gebiets der Landesgartenschau und des Kurparks liegt in der Verantwortung des Bauhofs. Nach Austragung der Landesgartenschau im Jahr 2006 war diese kurzzeitig an externe Dienstleister vergeben worden. Jedoch mit wenig zufriedenstellendem Ergebnis, wie Ralf Blümer zugibt: „Die Arbeit wurde nicht optimal ausgeführt. Berechnet man die Mehrwertsteuer. kam uns die Vergabe ohnehin nicht günstiger. Außerdem darf man nicht vergessen, dass wir als Bauhof auch eine soziale Verantwortung haben. Wir beschäftigen Angestellte mit Beeinträchtigungen, für die es auf dem normalen Arbeitsmarkt sehr schwer wäre, einer Beschäftigung nachzugehen. Aufgrund dessen übernehmen wir alle Pflegearbeiten wieder selbst. Ein Teil der Flächen wurde nach der Schau zurückgebaut und Rasen gesät. Die Rasenflächen der Stadt werden dann nur noch gemulcht. Auf weniger genutzten Flächen kommt der Mäher etwa alle vier Wochen zum Einsatz. Auf der Brunnenallee, dem Aushängeschild der Stadt, ist dagegen bei optimaler Witterung einmal wöchentlich ein Mäher unterwegs.“
11:15 Uhr: Laub auf dem Friedhof
Der dritte Laubentsorgungs-Trupp ist gerade auf dem jüdischen Friedhof der Stadt fertig geworden. Eine Tafel am Eingang verrät, dass gerade kein Feiertag ist und darauf muss Ralf Blümer bei der Einteilung genau achten. Natürlich gilt dies ebenso für die anderen Friedhöfe der Stadt. Dank kurzer Dienstwege kann schnell geklärt werden, ob eine Bestattung ansteht und Arbeiten besser an einem anderen Tag durchgeführt werden sollten.
Mit zwei Benzinblasgeräten haben die Mitarbeiter auf dem steil abfallenden Gelände das Laub der Eichen und Birken zusammengetragen und warten nun darauf, dass der Mulcher das Laub aufsammelt. Da die Bäume ihre Blätter zum Teil zu sehr unterschiedlichen Zeiten abwerfen, müssen die Teams mehrfach ausrücken. Sehr früh verlieren beispielsweise die Linden in der Brunnenallee ihre Blätter. Eichenlaub kann erst relativ spät entfernt werden. Die Arbeitseinsätze koordiniert Ralf Blümer je nach Bedarf und setzt notfalls einen zweiten Termin zur Räumung einer Fläche an.
Der Mulcher, der zuvor im Kurpark im Einsatz war, erreicht den Friedhof. Innerhalb kürzester Zeit ist das Laub aufgesammelt und kann abgeladen werden – diesmal direkt auf dem Bauhof.
12:00 Uhr: Abtransport per Dienstleister
Ralf Blümer, Bettina Vonde und ich haben ebenfalls den Weg zurück angetreten und befinden uns wieder beim Bauhof. Beim Rundgang über das Gelände wird klar, wie vielfältig die Aufgaben der Mitarbeiter sind. Das Salzlager ist für den bevorstehenden Winter bereits gut gefüllt. Gearbeitet wird übrigens mit FS 30. Alte Straßenlampen zeigen, dass der Bauhof auch für die Beleuchtung der Stadt zuständig ist und diese regelmäßig kontrolliert. Für diese Arbeit und den Baumschnitt steht ein eigener Hubsteiger zur Verfügung. Zwei Autos mit abgesägtem Dach stehen in einer Ecke des Geländes. Diese haben nichts mit einem Schrottplatz zu tun, sondern dienten bei dem alljährlichen Blumenkorso als fahrbarer Untersatz für die mit Blumen bestückten Umzugswagen.
Das Laub lagert im Zentrum des Geländes. Laub, das mit der Kehrmaschine aufgesammelt wurde, wird zunächst beprobt. Findet sich keine Belastung durch Schwermetalle oder sonstige Störstoffe, kann es kompostiert werden. Gerade holt der Dienstleister einen der Container ab. Die Firma BVE wird das Laub mit anderem organischen Material kompostieren.
Hier verabschiede ich mich von Bettina Vonde und Ralf Blümer, die schon im Büro erwartet werden.
12:30 Uhr: Es geht weiter
Bei der anschließenden Rückfahrt zur Brunnenallee begegne ich dem dritten Laubbläser-Trupp, die ihre Arbeit nach dem jüdischen Friedhof jetzt am städtischen Krankenhaus fortsetzen. Dieses grenzt unmittelbar an die Allee. Schnell sind auch dort die Blätter zusammen getragen und können abgeholt werden. Für mich endet damit mein Tag auf dem Bauhof in Bad Wildungen.
>> Maren Vaupel, Redaktion KommunalTechnik
Erschienen in der KommunalTechnik Ausgabe 7, 2015.