Ende des 2G-Mobilfunknetzes zwingt Kommunen zum Handeln

Hinzu kommen weitere Notruf- und Alarmierungssysteme wie beispielsweise in Sanitäranlagen. Da es zu unvermeidbaren Endpässen kommen wird, sollten die Verantwortlichen in den Kommunen die Umstellung zeitnah angehen.
Mit der Deutschen Telekom hat sich der größte deutsche Anbieter dazu entschieden, das 2G-Mobilfunknetz zum 30. Juni 2028 vollständig abzuschalten. Letztlich sollen die Kunden davon profitieren. „Mit dem freiwerdenden 2G-Frequenzspektrum können wir unser Netz weiter verbessern“, sagt Abdu Mudesir, Geschäftsführer Technik der Telekom Deutschland. Für die meisten privaten Nutzer dürfte die 2G-Abschaltung keine negativen Konsequenzen haben. Kommunen und Unternehmen müssen sich dagegen gut vorbereiten. Der Grund: Viele Notruf- und Alarmierungssysteme etwa in Aufzügen und Sanitäranlagen werden ohne entsprechende Umrüstung zukünftig nicht mehr funktionieren.
Zeitnah umzurüsten
Mit dem 4G-Mobilfunkstandard lassen sich dank Voice over LTE (VoLTE) mittlerweile Gespräche in hoher Sprachqualität führen. Dies war bei der Einführung des 4G-Standards noch nicht der Fall. Da mit VoLTE nun eine technisch ausgereifte Lösung zur Sprachübertragung zur Verfügung steht, ist es sinnvoll, Anlagen und Systeme, die auf 2G angewiesen sind, zeitnah umzurüsten. Dies gilt insbesondere für Notrufsysteme in Aufzügen. Schließlich dürfen diese laut Betriebssicherheitsverordnung nicht ohne funktionierendes Notrufsystem betrieben werden. Erfolgt die Umrüstung nicht rechtzeitig, müssten die entsprechenden Aufzugsanlagen im Juli 2028 stillgelegt werden, bis die Notrufsysteme wieder funktionsfähig sind.
Experten erwarten massive Engpässe
Experten erwarten, dass es zu massiven Engpässen kommen wird, je näher die Deadline rückt. Wie groß der Bedarf ist, lässt sich schon daran erkennen, dass rund die Hälfte der mehr als 840.000 Aufzüge in Deutschland noch mit einem Notrufsystem auf Basis des 2G-Netzes ausgestattet ist. Bis Sommer 2028 müssen folglich im Schnitt täglich 500 Notrufsysteme umgerüstet werden. Da die Notwendigkeit, das Ausmaß und die Folgen den meisten Verantwortlichen noch gar nicht bewusst sind, wird die Nachfrage zudem massiv steigen. Engpässe beim Montagepersonal und den 4G-Lösungen sind vorprogrammiert.

Damit die entsprechenden Anlagen und Geräte auch nach der 2G-Abschaltung weiterhin wie gewünscht funktionieren, rät auch die Deutsche Telekom dazu, alte Mobilfunkgateways zeitnah auszutauschen. „Insbesondere bei Geräten oder Anlagen mit langfristigen Servicezyklen kann durch rechtzeitige Planung der Austausch deutlich kostengünstiger erfolgen“, verweist die Telekom auch auf den Kostenaspekt.
Auf Roaming und Barrierefreiheit achten
Neben den Notrufsystemen in Aufzügen sind auch andere Systeme von der 2G-Abschaltung betroffen. Ein Beispiel dafür sind Sanitäranlagen. Vor allem dort, wo diese nur per Mobilfunk ans Telefonnetz angeschlossen werden können, führt kein Weg an 4G vorbei. „Ob im Aufzug oder in einer Sanitäranlage: Neben dem Austausch der Hardware muss auch darauf geachtet werden, dass die eingesetzten SIM-Karten die Sprachübertragung über 4G/LTE und idealerweise auch Roaming unterstützen“, erklärt Adrian Gollasch vom Notrufspezialisten Telegärtner Elektronik. „Denn dann kann der Notruf über ein anderes Mobilfunknetz abgesetzt werden, wenn es zu Problemen bei einem Anbieter kommt.“
Damit auch Menschen mit Hör- und Sprachbeeinträchtigungen mit der Leitstelle kommunizieren könne, sollte die Notruflösung zudem barrierefrei sein. Dies lässt sich mit einem Zwei-Sinne-Notruf sicherstellen, bei dem im Notfall über ein Touch-Display bzw. das eigene Handy mit der Außenwelt kommuniziert werden kann. Von einem solchen System profitieren letztlich auch alle, die sich nicht auf Deutsch verständigen können – was je nach Amt und Behörde häufig der Fall ist. Über Flaggensymbole kann die bevorzugte Sprache ausgewählt und dank einer automatischen Übersetzung problemlos mit der Notrufzentrale kommuniziert werden.
Tillmann Braun