Dieselfreie Zone in Herne?
In den Tagen rund um die IAA Nutzfahrzeuge in Hannover schlug das Thema Elektroantriebe für Nutzfahrzeuge hohe mediale Wellen. „In den Städten wird Elektro Pflicht“, betonte sogar Daimler Vorstand Wolfgang Bernhard. Und VW Chef Eckhard Schulz stellte in Hannover den E-Crafter vor, der aber erst im Herbst 2018 in Serie gehen wird. Es tut sich also „ ein ganz klein wenig“, aber offenbar haben die Hersteller bei diesem Thema meist in erster Linie die Handwerksbetriebe und die Paketdienste im Fokus und weniger die Kommunen, also die Fahrzeuge in Orange. Obwohl die Orange-Flotte der Kommunen zahlenmäßig groß ist, sind sie fast nur innerstädtisch unterwegs und daher „mit passenden Einsatzgebieten“ prädestiniert für E-Antriebe. Ganz zu schweigen davon, dass gerade die Kommunen Vorreiter sein sollen und wollen. Auch bei der Elektromobilität.
Einer, der einen Beitrag zum Klimaschutzkonzept leisten und mit seinem kommunalen Betrieb gern Vorreiter sein will, ist Werner Hüttemann. Er ist technischer Leiter der „entsorgung herne“, eine Anstalt öffentlichen Rechts mit 186 Mitarbeitern und gut 90 Fahrzeugen. „Die „entsorgung herne“ ist gelöst vom städtischen Haushalt mit eigenem Budget, betont Werner Hüttemann. Er ist technikbegeistert und entscheidungsfreudig. Kommunal Technik-Leser haben ihn kennengelernt in dem Bericht über die vollautomatische Großkehrmaschine, deren Entwicklung und Einsatz er zusammen mit Bucher, Allison und Daimler angeschoben hat.
Getrieben von diesem Technik-Gen ist Werner Hüttemann seit Jahren auf dem Weg geeignete Elektrofahrzeuge besonders für die beiden Fußgängerzonen in Herne und Wanne-Eickel aufzuspüren und natürlich auch einzusetzen. Die Fußgängerzonen deshalb, weil dort das Thema Sauberkeit wie auch das Thema Emissionen besonders stark im Blick der Öffentlichkeit steht. Zudem wurde in Herne kürzlich ein Pilotprojekt zur immissionsreduzierenden City-Logistik „Klimafreundlicher Wirtschaftsverkehr in Kommunen als Beitrag zur Energiewende“ vorgestellt. Das in Herne ansässige UPS-Verteilerzentrum beteiligt sich ebenfalls und schickt neuerdings seine Fahrradkuriere per E-Bike in das Stadtzentrum zur umweltfreundlichen Auslieferung an ihre Kunden.
Den ersten Einstieg in den Elektro-Antrieb wagte Werner Hüttemann bereits im Jahre 2010 mit dem Kauf eines „EcoCrafters“, dies war ein vollelektrischer Kleintransporter von einem Spezialhersteller aus der Nähe von Hannover. Hüttemann fand dieses Fahrzeug bei einer Internetrecherche. Es handelte sich um den Eco Carrier EL als Hinterkipper mit Platz für vier Euro-Paletten (Innenmaße Pritsche 1670 mm × 2450 mm), bis zu 700 kg Nutzlast, einer Anhängelast von ungebremst 450 kg und einem Kastenaufbauvolumen von 4,9 m³. Die „entsorgung herne“ nutzte dieses Fahrzeug lediglich sieben Monate, weil die seinerzeitige Batterietechnologie (hier „Bleigel“) noch nicht standfest war. Mit der ersten Batterieladung erreichte das Fahrzeug eine Reichweite von ca. 80 km, aber nach jeder weiteren Ladung reduzierte sich die Kilometerleistung drastisch. Dies hatte etwas mit der damaligen Batteriequalität zu tun. „Nachdem der Hersteller diesen gravierenden Fehler nicht beseitigen konnte, wurde das Fahrzeug „gewandelt“ und es musste vom Hersteller zurückgekauft werden“, schildert Hüttemann.
Ein weiterer vorzeitiger Schritt der „entsorgung herne“ auf dem Weg zum E-Antrieb war erfolgreicher bzw. langlebiger. Dieser bestand darin, den Betrieb eines Lastentransportrades für einen Kollegen mit körperlicher Behinderung möglich zu machen. Dieses Dreirad wurde seinerzeit in der betriebseigenen Kfz-Werkstatt mit Abfallbehälter sowie Schaufel- und Besenaufnahme und mit einer elektrischen „Tretunterstützung“ umgerüstet. So macht dieses Rad mit dem Kollegen seit einigen Jahren seinen emissionsfreien Dienst. Da sich die Fußgängerzonen in Herne und Wanne-Eickel nach Meinung von Werner Hüttemann aus bestimmten arbeitswirtschaftlichen Gründen für diese Art der Reinigung besonders eignen, wird jetzt über ein zweites Elektro-Lastenrad nachgedacht.
Ein großer und auch wichtiger Schritt, der für die elektro-betriebene Kehrarbeit in den Fußgängerzonen Herne und Wanne-Eickel kurz vor der Umsetzung steht, ist die Anschaffung einer vollelektrisch angetriebenen Kompaktkehrmaschine der 2-m³-Klasse. Die „entsorgung herne“ denkt dabei an die CityCat 2020 von Bucher Municipal, die auf der IFAT in München in diesem Jahr erstmalig vorgestellt wurde. Ihre Lithium-Ionen-Batterie liefert mit einer Kapazität von 56 kWh laut Hersteller Elektrizität für acht Stunden. Durch ein Onboard-Ladegerät könne die Batterie innerhalb von zwei bis drei Stunden an öffentlicher und privater Infrastruktur geladen werden. Zudem sei natürlich auch der Geräuschpegel mit 92 dB (A) geringer als bei Maschinen mit Verbrennungsmotor.
Werner Hüttemann führt CO2-Einsparungen von bis zu 26 t jährlich an, die der Hersteller Bucher Municipal allein durch den Einsatz dieser Maschine vorgibt. Allerdings hat dieser Beitrag zum Umweltschutz auch seinen Preis von rund 300.000 €. Geplant sei der Einsatz in den Fußgängerzonen Herne und Wanne-Eickel für die Saison 2017.
Hans-Günter Dörpmund, Redaktion KommunalTechnik
Den vollständigen Bericht lesen Sie in der Zeitschrift KommunalTechnik Ausgabe 5, 2016.