Eichenprozessionsspinner-Bekämpfung mit Nematoden

Mit Nemasys SF von BASF können Eichenprozessionsspinner auf biologische Art bekämpft werden. Wir haben nachgefragt, was zu beachten ist.
Die Nematoden sollten möglichst nachts oder bei feuchtem Wetter ausgebracht werden. (Foto: Keppler)

Es gibt aus dem Hause BASF mehrere Produkte unter dem Namen Nemasys. Wofür steht das „SF“ im Namen? Und worin unterscheiden sich die Nematoden?

Maik Hoge, Abteilung biologischer Pflanzenschutz und Pflanzenschutz im Zierpflanzenanbau der BASF: Für Deutschland habe ich es so gewählt, dass die Buchstaben die Spezies repräsentieren. In diesem Fall ist es Steinernema feltiea, also kurz SF. Andere Spezies werden gegen andere Schädlinge eingesetzt. Es gibt nicht eine Nematode für alles. Wir haben bei BASF ein besonders breites Portfolio an Nematoden. Aktuell sind es fünf. Wir wollen in diesem Jahr noch eine neue Nematode gegen Schnecken einführen, die werden wir Ende des Jahres vorstellen.

Die Nematoden unterscheiden sich nicht nur in Hinblick auf den Schädling, gegen den sie eingesetzt werden können, sondern auch die Temperaturen können unterschiedlich sein, bei denen sie tätig werden. Die Steinernema feltiea funktioniert zum Beispiel im niedrigen Temperaturbereich besonders gut, das geht bei 8 Grad Celsius los. Andere Spezies benötigen 12 bis 15 Grad Celsius.
 

Die Temperaturen schwanken derzeit stark. Es ist nicht mehr ungewöhnlich, dass zwischen einem und dem darauffolgenden Tag 20 Grad Unterschied herrschen. Sind die Nematoden trotzdem noch gut geeignet?

Beim Nematoden-Einsatz spielen auch Feuchtigkeit und das Stadium der Bekämpfung eine wichtige Rolle. Der Eichenprozessionsspinner kann mit Nematoden im Larvenstadium 1 und 2 bekämpft werden, denn dann sind die Brennhaare noch nicht ausgebildet und sie sind für den Menschen noch nicht schädlich. Außerdem wollen wir die Bekämpfung durchführen, wenn sich Nutzschmetterlinge noch nicht im Baum befinden. Bei Bt-Präparaten sind wir darauf angewiesen, dass die Raupen den Wirkstoff fressen. Das ist bei den Nematoden nicht der Fall. Die können wir bereits einsetzen, wenn der Baum noch kein Laub trägt und die Lufttemperatur 8 Grad Celsius beträgt. Auch das ist ein Unterschied zum Einsatz von Bt-Präparaten. Deshalb ist eine frühe Bekämpfung interessant und die Temperaturschwankung weniger entscheidend.

Maik Hoge, Abteilung biologischer Pflanzenschutz und Pflanzenschutz im Zierpflanzenanbau der BASF

Was heißt das für den Zeitpunkt der Anwendung?

Der Anwendungszeitraum begrenzt sich durch die Generationsabfolge des Eichenprozessionsspinners. Ich würde sagen, Ende März bis Mitte/Ende Mai kann mit den Nematoden bekämpft werden. Natürlich spielt die Vegetation auch eine Rolle. Damit die Nematoden gut funktionieren, müssen sie in den Baum kommen und wir benötigen eine gewissen Feuchtigkeit. Die Applikation sollte deshalb in die Nachtstunden gelegt werden, damit die Feuchtigkeit im Baum gehalten werden kann. Das Transportmittel für die Nematoden ist das Wasser. Man kann auch Taubedingungen oder Nieselregen gut ausnutzen. Wir testen aktuell die Möglichkeit, zusätzliche Netz- und Haftmöglichkeiten einzusetzen, um eine gute Verteilung am Stamm zu bekommen, damit die Nematoden haften bleiben. Denn wir benötigen Feuchtigkeit, damit die Nematode in den Schadorganismus eindringen kann.

Wirken Nematoden auch auf spätere Larvenstadien – und können somit auch später im Jahr eingesetzt werden?

Das ist schwierig. Ich schätze, der Bekämpfungserfolg wäre nicht annähernd so gut wie in den frühen Larvenstadien.

Wie lange können Nematoden gelagert werden, nachdem sie beschafft/gekauft wurden?

Das ist der begrenzende Faktor. Kommunen sollten deshalb frühzeitig bei ihren zuständigen Schädlingsbekämpfern anfragen, damit das Ausbringen der Nematoden zum optimalen Zeitpunkt stattfinden kann. Wir haben es hier mit einem lebenden Organismus zu tun, der nur eine begrenzte Lagerfähigkeit hat. Bei Steinernema feltiea ist es je nach Verpackungsgröße variabel. Bei den großen Packungen haben wir eine Haltbarkeit bis zu zwölf Wochen, bei den kleineren Packungen für den Haus- und Gartenbereich sind es nur vier Wochen.

Deshalb ist es wichtig, dass wir ein Planungsfenster haben, denn die Organismen müssen produziert werden und werden dann lebend auf die Reise geschickt. Ein Produktionsdurchlauf dauert acht bis sechs Wochen, und mit mindestens diesem Vorlauf sollte bestellt werden. Das Anwendungsfenster ist schließlich sehr begrenzt. Deshalb ist es gut, wenn hier in den Kommunen frühzeitig den möglichen Bedarf kalkulieren wird. Nematoden können auch nicht eingefroren werden. In unserem Produkt ist aber ein Gel enthalten, damit die Nematoden länger überleben.

Wirken Nematoden immer nach dem gleichen Prinzip – dass die Fadenwürmer die Larven besiedeln und dadurch abtöten?

Ja. Sie gehen primär in die Larvenstadien und dringen in das Insekt ein. Wir sprechen von einem infektiösen Larvenstadium der Nematode. Das heißt, die Nematode durchläuft auch einen Kreislauf von verschiedenen Larvenstadien, und nur im infektiösen Larvenstadium hat sie die Möglichkeit, außerhalb eines Wirts zu überleben. Wenn sie in das Insekt eingedrungen sind, geben sie Bakterien ab, die den Wirt auflösen, sodass er als Nahrung wirkt. Die Nematode durchläuft mehrere Entwicklungskreisläufe, die etwa zwei Tage dauern.

Wenn die Nahrungsreserve im Insekt aufgebraucht ist, hat die nützliche Nematode die Möglichkeit, ein Dauerlarvenstadium zu produzieren: das L 4-Stadium. Sie kürzt ihren Kreislauf ab und kann mit diesem Stadium außerhalb des Wirtes überleben und neue Wirte suchen. So stellen wir bei BASF auch die Nematoden her – wir haben Bioreaktoren, das sind große Stahlbehälter, der einen großen „Insektenkörper“ nachstellt. Wir setzen dort Nährstoffe zu und wenn wir ausreichend Nematoden reproduziert haben, werden Produktionsschritte eingeleitet, damit wir des infektiöse Larvenstadium abfiltern und die Nematoden für den Versand vorbereiten  

Der Eichenprozessionsspinner sollte früh bekämpft werden, da die Brennhaare der späteren Larvenstadien die Gesundheit gefährden können.

Was passiert nach der Bekämpfung mit den Nematoden?

Wenn Nematoden-Spezies in einer Fläche eingesetzt werden, gelten sie als Nützlinge. Diese müssen natürlich in Deutschland vorkommen – das müssen wir nachweisen –, denn wir dürfen keine invasive Art in die Umwelt einbringen. Diese genannte Spezies kommt in der Umwelt vor, wir bringen sie in einer hohen Konzentration aus. Nach der Bekämpfung bildet sich die Population auf ein natürliches Vorkommen zurück. Wenn der Wirt, also der Schädling, aufgebraucht ist, findet man keine Überreste und das entstandene infektiöse Nematodenstadium kann wieder auf die Suche nach einem neuen Wirt gehen. Finden sie diesen nicht, sterben sie ab. Darum ist eine Überdosierung nicht möglich. Die Nematode läuft nicht auf Suche nach Nahrung am Baum entlang, sondern der Wirt muss an der Nematode vorbeikommen.

Wie werden die Nematoden ausgebracht?

Wenn wir die Nematoden verschicken, haben sie eine Fettreserve und deshalb eine begrenzte Lebensfähigkeit außerhalb des Wirtes. Wasser ist sehr wichtig beim Ausbringen, das Larvenstadium und die Applikationsbedingungen. Die Anatomie der Pflanze kommt ebenfalls ins Spiel und wie gut sie das Wasser halten kann. Beim Eichenprozessionsspinner bringen wir deswegen noch Haft- und Netzmittel mit aus, damit die Nematoden am Baum bleiben. Man benötigt ein gutes Monitoring, um das richtige Schädlingsstadium für die Nematoden Anwendung zu finden. Das heißt, nicht jedes Schädlingsstadium ist für eine Nematoden-Anwendung geeignet.

Nematoden können mit einer Sprühanwendung ausbracht werden, dazu kann auch Großtechnik mit bis zu 20 Bar eingesetzt werden. Wir haben eine Empfehlung für die Anzahl von Nematoden pro Quadratmeter, daran sollte man sich halten. Außerdem sollte die Nematoden-Wasser-Mischung (Anwendungslösung) immer in Bewegung bleiben, weil wir sonst keine gute Verteilung der Nematoden haben. Die Lösung sollte umgehend nach dem Ansatz ausgebracht werden, spätestens nach 6 h, denn wir haben es mit lebenden Organismen zu tun, die auch ertrinken können.

Mit dem Netz-Haftmittel Break Through HP 133 haben wir erste guten Erfahrung im Einsatz gegen den Eichenprozessionsspinner gemacht, das hat ebenfalls eine Öko-Zulassung. Ein wichtiger Punkt für die Anwendung ist, dass wir bei Nematoden-Anwendungen keinen Mindestabstand zu Gewässern einhalten müssen. Das ist bei chemischen Präparaten durchaus der Fall.

Welche Qualifikation benötigt man, um Nemasys SF ausbringen zu dürfen?

Da es sich nicht um ein Pflanzenschutzmittel oder Biozid handelt, ist keine Qualifikation notwendig. Es ist aber sinnvoll, eine Pflanzenschutz-Qualifikation oder ein Training absolviert zu haben, um zu wissen, wie die Nematoden dosiert und ausgebracht werden müssen.

Wo kann man Nemasys SF kaufen?

BASF vermarktet die Nematoden über den Handel. Wir haben bestimmte Stützpunktpartner, die die notwendigen Lagerbedingungen gewährleisten können. Diese Bedingungen gewährleisten, dass die Nematoden in einer hohen Qualität ausgeliefert werden. Weltweit gibt es nur drei Hersteller von Steinernema feltiae.

Wie kostenintensiv ist eine Behandlung mit Nemasys SF?

Diese Frage kann ich leider nicht beantworten, weil die Verkaufspreise durch den Handel kalkuliert werden.

Die Fragen stellte Pia-Kim Schaper, Redaktion KommunalTechnik