Bauhof Herrenberg: New Work – Alles fließt

Beim Bauhof der baden-württembergischen Stadt Herrenberg wurden fixe Strukturen in der Arbeitsorganisation aufgelöst.
Amtsleiter Stefan Kraus (4.v.l.) hält sich im Tagesgeschäft raus. Dieses übernehmen Hasbi Özer, Mustafa Cugul, René Andres, Laurentio Illie, Martin Keller (v.l.n.r.) und Klaus Hanke (nicht im Bild) in einem rollierenden Führungssystem. (Foto: Martin Sigmund)

Der Herrenberger Bauhof ist - neben Elektro- und Grünabteilung - Teil des Amtes für Technik und Grün (TUG), das insgesamt 50 Beschäftigte zählt. Die Abteilungen des Bauhofs heißen Lager und Logistik, Tiefbau, Stadtreinigung, Digitalisierung, Schilderwerkstatt und Veranstaltungen.

Diese einzelnen Sektionen wurden bis Ende 2017 vom Meister geführt und die Zuständigkeiten der jeweiligen Mitarbeiter waren klar voneinander getrennt. Die Stellenausschreibungen – vorgegeben durch TVÖD - wurden präzise beachtet und an der Starrheit vorgegebener Arbeitsverträge nicht gerüttelt. Jeder hatte sein festes Aufgabenportfolio und der Meister hatte das Sagen. Über ihm stand nur der Leiter des Amtes für Technik und Grün, Stefan Kraus.

Alles hat funktioniert: Die Mülleimer wurden geleert, neue Schilder aufgestellt, Spielplätze kontrolliert, Schnee geräumt und Verwaltungsaufgaben usw. getätigt.

Teamwork wird groß geschrieben und die Mitarbeiterzufriedenheit ist seit der Einführung von New Work deutlich gestiegen. (Foto: TUG)

Defizite lagen im Verborgenen

Doch hinter den Kulissen zeigten sich erste Risse im System. Eine Mitarbeiterbefragung, die 2017 im Rahmen des Projekts „Zukunftsfähige Stadtverwaltung Herrenberg“ mit dem Ziel einer Geschäftsprozessoptimierung durchgeführt wurde, förderte interne Defizite zu Tage. So etwa fehlten den Mitarbeitern persönliche und monetäre Weiterentwicklungsmöglichkeiten, der Krankenstand war relativ hoch und das Betriebsklima hätte besser sein können.

„Was tun mit so einem Ergebnis?“ Mit dieser Frage war Stefan Kraus plötzlich konfrontiert und er suchte nach Lösungen. Der studierte Ernährungs- und Hygienetechniker ist ein erfahrener Gebäudemanager, der als solcher viele Jahre in leitender Funktion an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen tätig war. 2012 übernahm er die Leitung der technischen Dienste in Herrenberg. Schon damals wurde unter seiner Federführung das Amt neu zugeschnitten und firmiert seitdem als Amt für Technik und Grün (TUG). Unter seiner Regie waren bereits viele Digitalisierungsprozesse in die Wege geleitet worden.

Das bot eine gute Ausgangslage für eine Strategie namens New Work. Eine solche setzt auf weniger Hierarchie, mehr Selbstbestimmung und mehr Agilität. Vielleicht wäre das der Schlüssel, um den Bauhof personell und strukturell zu modernisieren?

Stefan Kraus probierte es aus und nutzte 2018 den Umstand, dass der bisherige Meister des Bauhofs in Rente ging. Er ließ die Stelle nicht mehr nachbesetzen und beschritt damit einen ganz neuen Weg. Die Selbstorganisation, die daraus erwuchs, hat sich bis heute bewährt.

Nach dem morgendlichen Meeting aller Bauhof-Abteilungen und der Verteilung der anstehenden Aufgaben geht es los. (Foto: Granville/factum)

Mehrheit der MA muss dahinterstehen

„Wir haben unsere Mitarbeiter dazu eingeladen, selbst Verantwortung zu übernehmen und sektionsübergreifend tätig zu werden. Sie sollten, durften und konnten sich mit ihren Fähigkeiten, ihrem Wissen und ihren Ideen einbringen“, so Stefan Kraus.

Vorausgegangen waren Gespräche mit allen einzelnen Mitarbeitern. Dabei wurde offensichtlich, dass sie trotz einer gewissen Skepsis das neue System ausprobieren wollten. Stefan Kraus ist fest davon überzeugt, dass die Mehrheit der Mitarbeiter hinter einer solchen Umstrukturierung stehen muss: „Der Reifegrad zur Selbstorganisation muss da sein“, betont er. Denn die neue, agile Welt passe nicht für jeden. Die Mitarbeiter müssten schauen, dass der Laden laufe. Manche kämen damit nicht zurecht.

Schließlich stellte er das zukunftsweisende Konzept dem Oberbürgermeister und dem Gemeinderat vor und erhielt dafür grünes Licht. „Dabei musste ich diplomatisch vorgehen und habe die neue Strategie vorerst als Testballon eingetütet und eine Probezeit von einem Jahr festgelegt“, erklärt der Chef der TUG Herrenberg.

Umstrukturierung von Hochschule begleitet

Der Prozess der Umstrukturierung wurde zudem von der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg und unter der Federführung von Prof. Dr. Claudia Schneider wissenschaftlich begleitet und die Beschäftigten wurden professionell unterstützt. Schneider ist bis heute eine wichtige Ansprechpartnerin und Coach für die Mitarbeiter der TUG.

Nachdem die Meisterstelle unbesetzt blieb, einigten sich schließlich sechs Männer auf ein rollierendes Führungssystem, in welchem alle Aufgaben der Abteilungen im vierwöchigen Rhythmus abgesprochen und jeweils durchgetauscht werden sollten. Um in ihre neuen leitenden Rollen als 4-Wochen-Männer hineinzuwachsen, haben sie an einem so genannten Führungskräfteentwicklungsprogramm der Stadt Herrenberg teilgenommen. Das frühere Meistergehalt wird einmal jährlich auf das sechsköpfige Führungsteam verteilt.

Sabine Wächter

Den vollständigen Artikel lesen Sie in Ausgabe 1/2023 in der Zeitschrift KommunalTechnik.

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