Autobahnmeisterei München-West
„Den Mittelstreifen zu mähen, ist immer eine kleine Herausforderung. Die Seitenstreifen machen dagegen weniger Probleme“, erklärt Hubert Sandmair. Er fährt einen Unimog der Autobahnmeisterei München-West. „Zum Mähen des rechten Fahrbahnrandes rücken wir mit zwei Fahrzeugen aus - einem Begleitfahrzeug zur Absicherung sowie dem Mähfahrzeug. Während es Einsatzes stehe ich in engem Kontakt mit der Leitstelle, um meine Position durchzugeben. Dies ist nötig, damit die elektronischen Warntafeln über der Autobahn entsprechend angepasst werden können.“ Schwieriger sei dagegen die Arbeit auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen. Das Sperren der Überholspur sei heikel und müsse genau geplant werden, damit keine Unfälle provoziert werden. „Eine gründliche Vorbereitung ist enorm wichtig. Wir halten uns an die bayerische Richtlinie, dass wir die Mäharbeiten unterbrechen, wenn sich ein Stau von über 1 km Länge gebildet hat. Dabei spielt auch die Uhrzeit eine entscheidende Rolle. Mähen während des Pendlerverkehrs: ausgeschlossen!“, so Thorsten Kettner.
Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2013 fahren alleine auf der A96 92.500 Fahrzeuge pro Tag auf diesen Autobahnabschnitten rund um das Ballungszentrum München. Mitunter kann es daher vorkommen, dass Mäharbeiten auch nachts stattfinden. Die Mitarbeiter arbeiten in 24-h-Schichten. Insgesamt 25 Mitarbeiter sind für die Arbeiten rund um die Autobahnen A8, A 92, A96 und A99 zuständig. In Zahlen sind das für die gesamte Autobahnmeisterei München-West 46 km zu betreuende Stecke, 1 Autobahnkreuz und 11 Anschlussstellen. Insgesamt umfasst das Arbeitsgebiet der Autobahndirektion Südbayern 1.198,2 km, 10 Autobahnkreuze, 11 Autobahndreiecke und 221 Anschlussstellen.
Doch trotz guter Planung und Absicherung: Unfälle passieren trotzdem. Kürzlich berichteten wir über einen Bauhof mit einem durchschnittlich 25 Jahre alten Maschinenpark. Darüber können Thorsten Kettner und Hubert Sandmair nur schmunzeln. „Unser ältestes Fahrzeug ist gerade einmal drei Jahre alt“, erklärt der Werkstattmeister Thorsten Kettner. „Trotz großzügiger Sicherungsmaßnahmen, durch die Nutzung der Anzeigentafeln auf der Autobahn und Warnleuchten, übersehen Autofahrer unsere Gespanne manchmal. Etwa drei Anhänger gehen uns so durch Auffahrunfälle pro Jahr verloren.“ Aber auch ohne Unfälle ist der Maschinenpark bestens aufgestellt. Die Fahrzeuge werden regelmäßig ausgetauscht – etwa 10 Jahre verbleibt eine Maschine im Betrieb. Der Kauf wird bislang gegenüber der Miete oder dem Leasing bevorzugt.
Gebaut nach Wunsch
Bei dem Fahrzeug, das für den heutigen Besuch der Redaktion extra auf dem Betriebsgelände verblieben ist, handelt es sich um einen Unimog U530 mit Abschiebewagen. „Wir hängen mit den Arbeiten etwas hinterher. Wenn wir es bis zum Winteranfang nicht schaffen, sind Sie schuld“, scherzt Hubert Sandmair. An der Front ist die Maschine mit einem Auslegearm von Mulag samt Schlegelmulcher ausgerüstet. Auf dem Heck der Maschine ist ein weiterer Auslegemäher samt Saugarm installiert. Eine Turbine erzeugt einen Unterdruck, durch welchen das Mähgut angesaugt wird. Durch ein ca. 40 cm breites Rohr wird dieses über das Heck des Unimog hinweg in einen angehängten Abschiebewagen transportiert.
Dieser Abschiebewagen wurde mit der Firma Demmler Fahrzeugbau speziell für die Ansprüche der Autobahndirektion konstruiert und ist seit 2 Jahren im Einsatz. Es handelt sich um den Abschiebewagen TSM 1080LL mit einer Zulassung für 16 t. Zuvor waren wir mit einem Anhänger mit einem Fassungsvermögen von 15 m³ unterwegs. Das Gespann hat eine Zulassung für 80 km/h. Thorsten Kettner erklärt: „Wir benötigen ein möglichst großes Fassungsvolumen des Behälters, damit wir die Arbeiten zügig und vor allem ohne Unterbrechung erledigen können. Durch das Verschieben der Frontwand können wir das Mähgut im Wagen komprimieren, sodass wir auf ein Fassungsvermögen von ca. 28 m³ kommen.“ Und Fahrer Hubert Sandmair ergänzt: „Je nachdem wie stark der Aufwuchs war, musste ich früher meine Arbeit häufig schon am Mittag unterbrechen, um abzuladen. Jetzt fahre ich die gesamte Schicht durch, und manchmal muss ich sogar nur alle zwei Tage zum Ausleeren des Abschiebewagens pausieren. Ich bin mit dem System sehr zufrieden.“ Das Mähgut wird bei einem benachbarten Unternehmen abgeliefert. Dort wird das Material so aufbereitet, dass es deponiert bzw. dem Recycling zugeführt werden kann.
Nicht nur Gras
Wer sich einmal die Autobahnränder genau angeschaut hat, dem wird aufgefallen sein, dass dort bei weitem mehr zu finden ist, als nur der Aufwuchs von Gräsern und Sträuchern. „Es gibt kaum etwas, das wir bei unserer Arbeit nicht sehen“, so Hubert Sandmair. „Häufig sind es Abfälle wie Flaschen, Tüten, aber auch Reifen und andere Fahrzeugteile. Wir haben natürlich keine Möglichkeit anzuhalten und den Müll vor dem Mähen zu entfernen. Das wäre zu gefährlich und ineffizient. So bleibt uns nichts anderes übrig, als mit dem Mähkopf über die Flächen zu Mähen und alles aufzunehmen, was dort herumliegt. Zum Glück ist die Turbine aber sehr leistungsstark. Einmal hat es stark gerumpelt. Bei der späteren Überprüfung stellte sich dann heraus, dass wir einen großen Bolzen eingesaugt haben. Dieser hinterließ eine große Delle in der Turbinenwand und ist dann im Schlauch vor dem Mähcontainer zum Liegen gekommen.“ Die Überprüfung der Fahrzeuge stellt bei derartigen Zwischenfällen kein Problem dar. Die Autobahnmeisterei ist mit einer eigenen Werkstatt ausgestattet, in der jederzeit Mitarbeiter die Maschinen warten, reparieren oder umrüsten können.
Fit für den Winter
Welche Strecken Hubert Sandmair schon bearbeitet hat, markiert er auf einem Einsatzplan. Anders als im Winterdienst, in dem jede gefahrene Strecke genauestens per GPS dokumentiert wird, reicht für die Mäharbeiten die Papier-Variante. Bald ist es übrigens wieder soweit – dann beginnt die Winterdienstsaison für alle Mitarbeiter. Im letzten Jahr kamen die Fahrzeuge auf ca. 8.000 Einsatzstunden. Das ist kein Wunder, denn die Autobahnen müssen als Verkehrsadern stets befahrbar sein. Zur Vorbeugung wird Sole ausgebracht. Eine eigene Aufbereitungsanlage steht dafür auf dem Betriebsgelände zur Verfügung. „Bei sehr starken Minustemperaturen oder Schnee kommen wir damit aber nicht mehr weit“, so Thorsten Kettner. „Unser Salzlager umfasst 2.600 t. Das Salz ist uns noch nicht ausgegangen – und das darf es auch nicht. In strengen Wintern kann es vorkommen, dass andere Bauhöfe oder Privatpersonen hier anrufen und fragen, ob sie Salz abnehmen können. Das geht leider nicht, denn wenn die Autobahnen nicht frei sind, kommt der Verkehr zum Erliegen.“ Nicht nur das Salzlager ist riesig, auch die Maschinen sind entsprechend groß dimensioniert. Neu ist beispielsweise ein ausfahrbares Räumschild. Zum Transport ist es zusammengeschoben nur 3,56 m breit, aber in ausgefahrener Position ganze 5,40 m. Das ist ausreichend, um fast zwei Fahrspuren der Autobahn gleichzeitig zu räumen. Wir beenden den Rundgang über das Gelände, und abschließend erklärt Hubert Sandmair: „Wir mähen meist bis in den November mit dem Unimog. Danach werden alle Maschinen für den Winterdienst umgerüstet. Ab Mai geht es dann wieder raus zum Mähen.“
Maren Schlauß, Redaktion KommunalTechnik
Der Artikel ist in der Zeitschrift KommunalTechnik Ausgabe 7, 2016 erschienen.