Arbeitsbühne: mieten oder kaufen?

Wer Bäume zu pflegen hat, kommt um den Einsatz einer Arbeitsbühne kaum herum. Sowohl Anschaffung als auch Miete sind kostspielig – ein genauer Blick auf mögliche Anschaffungs- und Unterhaltungskosten gegenüber der Miete lohnt sich. Der Betriebshof in Lüneburg besitzt seit vielen Jahren einen Hubsteiger, der fast pausenlos im Einsatz ist.

„Bei uns müssten dieses Jahr noch 1.200 Bäume bearbeitet werden“, beschreibt mir Oliver-Martin Freese die schier unlösbare Aufgabe, vor der seine Abteilung Stadtgrün steht. „Wir schaffen maximal 2.000 pro Jahr.“ Schnell wird klar: Die Abwasser, Grün und Service GmbH (AGL), zu der die Abteilung Stadtgrün gehört, hätte durchaus genügend Arbeit für eine zweite Arbeitsbühne. Mit dieser fahren die Mitarbeiter in die Baumkronen, um sie zu beschneiden; das ist notwendig, damit tiefhängende Äste die Verkehrsschilder nicht überdecken. Und ohne den Beschnitt würde unten kaum noch Licht ankommen.

Etwa 600 € am Tag kostet so eine Bühne zur Miete.

Die Ruthmann-Arbeitsbühne ist täglich im Einsatz: „Der Hubsteiger steht nur, wenn kein Mitarbeiter mit Unterweisungsnachweis anwesend ist“, erklärt Oliver-Martin Freese, während wir zum Einsatzort fahren. Doch das kommt selten vor, denn zehn Mitarbeiter verfügen über einen solchen Nachweis. „Das weiß ich so genau, weil wir gerade erst nachgeschult haben. Alle fünf Jahre muss der Nachweis erneuert werden“, erläutert er mit einem Augenzwinkern. Außer dem Unterweisungsnachweis ist ein Führerschein Klasse 2 bzw. C notwendig. Bei einer so intensiven Nutzung würde eine Anmietung der Arbeitsbühne ordentlich zu Buche schlagen: „Etwa 600 € am Tag kostet so eine Bühne zur Miete, bei einer Langzeitmiete mit entsprechendem Rabatt läge man immer noch bei etwa 400 € pro Tag.“

Die AGL ist für etwa 40.000 Bäume verantwortlich. Zu den Beständen zählen unter anderem Ahorn, Birken, Buchen, Eichen und Linden. Letztere stehen auch in der Straße, die wir nun ansteuern und in der schon aus einigen Metern Entfernung die große Arbeitsbühne zu sehen ist. Am Boden steht Christian Matthies. Er sorgt für die Sicherheit; dafür, dass Passanten nicht von herunterfliegenden Ästen und Zweigen überrascht werden und der Straßenverkehr zum Stillstand kommt, wenn es notwendig ist. Hier und heute ist es ruhig, sodass er Zeit hat, die abgetrennten Äste auf einem Haufen zu stapeln und den unteren Teil des Stammes zu behandeln. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen ein einzelner Mitarbeiter zur Sicherung nicht ausreicht. An schwierig einsehbaren Straßen mit hohem Verkehrs- und Fußgängeraufkommen müssen mehrere Kollegen Acht geben, damit Alexander Schepe oben im Korb der Arbeitsbühne sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren kann.

Die Kapazität der Bühne und der Mitarbeiter ist nahezu ausgereizt.

Alexander Schepe schneidet nicht nur Zweige und Äste bis zu einer gewissen Höhe, sondern dünnt die Baumkrone dazu noch etwas aus. Der Baum darf keine Verkehrs- oder andere Hinweisschilder verdecken und sollte Licht durchlassen. Darüber hinaus sorgt Alexander Schepe dafür, dass alle Bäume der Straße die gleiche „Frisur“ haben. „Die Jungbaumpflege ist besonders wichtig! Was in den ersten 25 Jahren nicht gemacht wurde, kriegt man später nicht mehr ausgeglichen“, erklärt mir Oliver-Martin Freese.

Die Arbeitsbühne steuert Alexander Schepe direkt im Korb, so kommt er schnell um den Baum herum. Dennoch benötigt er für eine Linde zwischen 30 und 45 Minuten – Linden sind pflegeintensiv. Bei Bäumen mit viel Totholz benötige man manchmal fast einen ganzen Arbeitstag, sagt Oliver-Martin Freese. Abgestorbene Äste hat diese Linde kaum, weiter oben ist jedoch ein Vogelnest zu sehen. „Da habe ich gleich am Anfang reingeguckt, das ist vom letzten Jahr und nun verlassen. Ansonsten hätte ich mit diesem Baum warten müssen, bis die Jungvögel ausgeflogen sind“, erklärt Alexander Schepe. Er und sein Kollege Christian Matthies haben heute schon einiges geschafft: Die Bäume auf unserer Seite der Straße sehen ordentlich aus. Gegenüber steht der direkte Vergleich in Form von unbeschnittenen Bäumen, die noch bearbeitet werden müssen. „Es wäre schön, wenn wir jeden Baum einmal im Jahr schneiden könnten, aber dafür fehlt uns die Zeit“, sagt Alexander Schepe. Die Kapazität der Bühne und der Mitarbeiter ist nahezu ausgereizt.

Zusätzlich zur Baumpflege müssen manche Bäume außerplanmäßig behandelt werden, wenn beispielsweise ein großer Ast herunterzufallen droht. Lüneburg hat ein Baumkataster, in dem nur die Bäume erfasst sind, die behandelt werden müssen. Das reduziert den Verwaltungsaufwand, dennoch müssen alle Bäume gepflegt werden. Oliver-Martin Freese erklärt: „Wir versuchen, uns die Arbeit durch die Auswahl der Bäume etwas zu erleichtern. Zum Beispiel bemühen wir uns, in Straßen mit vielen parkenden Autos wenig Fruchtpflanzen zu haben. Die herunterfallenden Früchte könnten sonst einen Hagel-ähnlichen Schaden verursachen.“ Von Februar bis Oktober sind Alexander Schepe und Christian Matthies mit Baumschnitt und -pflege beschäftigt, im Winter stehen einige Baumfällungen an. In manchen Straßen muss der betroffene Baum von oben bis unten praktisch scheibchenweise abgesägt werden, weil kein Platz für einen fallenden Baum vorhanden ist.
Die Arbeit für eine zweite und sogar dritte Bühne wäre zweifelsohne vorhanden, allerdings müssten dafür auch mindestens zwei weitere Mitarbeiter abgestellt werden und das Budget für eine weitere Bühne muss vorhanden sein. Die Ruthmann-Bühne wurde bereits 1999 neu angeschafft. Inklusive Lkw-Fahrgestell hat sie damals zwischen 180.000 und 200.000 DM gekostet; heute würde etwa der gleiche Betrag in Euro anfallen. 170.000 bis 180.000 € sollten eingeplant werden: 100.00 € für das Fahrgestell und mindestens 50.000 € für den Kran. „Wenn eine Kommune zwischen 1.500 und 2.000 Bäumen im Jahr zu behandeln hat, lohnt sich eine eigene Bühne – ab 1.000 Bäumen kann man überlegen“, stellt Oliver-Martin Freese fest.

Die Ruthmann-Arbeitsbühne wurde von der AGL über 10 Jahre abgeschrieben; ein längerer Zeitraum wäre möglich gewesen. Bei der Jahresinspektionen fallen Kosten bis zu 10.000 € an. Alle sechs Jahre müssen die Hydraulikschläuche gewechselt werden, was bis zu 20.000 € kosten kann und vom Hersteller gemacht werden muss. Ansonsten unterscheiden sich die Unterhaltungskosten nicht von denen anderer Fahrzeuge. Die Bühne zu verkaufen und dafür eine neue anzuschaffen, macht wirtschaftlich keinen Sinn – zwischen 25.000 und 30.000 € würde das lediglich einbringen. Wegen des hohen Arbeitspensums wird die Bühne nicht an andere Kommunen verliehen, manchmal jedoch an eine andere Abteilung des Baubetriebshofs: Der Hochbau nutzt sie ab und zu für Brückenprüfungen.

Der Besitz einer eigenen Arbeitsbühne schützt nicht zwangsläufig vor Miete. Im vergangenen November mussten in Lüneburg wegen Schneebruchbeschädigungen ad hoc 3.000 Bäume behandelt werden. Dafür wurden zeitweise zwei zusätzliche Hubsteiger notwendig, die gemietet wurden. Unter normalen Bedingungen kommt die Abteilung Stadtgrün jedoch gut mit einer Bühne zurecht und möchte sie nicht missen. Dieses Beispiel zeigt, dass es sich lohnen kann, die Kosten für die Anschaffung und die Mietkosten gegenzurechnen. Wer mehr als 1.000 Bäume oder viele Brücken unterhalten muss, hat hier Einsparpotenzial.

Pia-Kim Schaper,
Redaktion KommunalTechnik

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