KT Trend-Report: Salz satt
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Wie wird der Winter? Wieviel Schnee wird es geben? Und vor allem: Wieviel Streumittel werden Straßenmeistereien und Bauhöfe benötigen? Diese und andere Fragen treiben die Verantwortlichen alljährlich um, und so auch im Sommer bzw. Herbst 2014. Aber wohl kein Betriebsleiter verfügt über die sprichwörtliche Wahrsager-Glaskugel. Und auch die alten Bauernregeln sind nur bedingt hilfreich, obwohl die amtlichen Wetterfrösche speziell der Einschätzung „Ist der Oktober warm und fein, folgt ein scharfer Winter drein“ eine relativ hohe statistische Trefferquote beizumessen scheinen. Bleiben also vor allem die eigenen langjährigen Erfahrungen und sowie die Streumittel-Restmengen der vorherigen Saison. Und davon gibt es reichlich, war doch der zurückliegende Winter quer durch die Republik vergleichsweise mild und schneearm.
Trockensalz dominiert
Um uns ein Bild der aktuellen Lage zu machen, hat unsere Trend-Report-Expertin Elke Rogers 100 Bauhofleiter aus ganz Deutschland in Sachen Winterdienst „gelöchert“. Vertreten war dabei die gesamte Bandbreite der Gemeindegrößen – die wir jedoch dieses Mal nicht auf Basis der Einwohnerzahl, sondern der Länge der zu betreuenden Streckenlängen erfasst haben. Einbezogen waren dabei nicht nur die Straßen, sondern ebenso die Rad- und Gehwege. Der besseren Übersicht halber haben wir die Befragten in drei Gruppen eingeteilt, auf die sich die 100 Gemeinden gemäß Grafik 1 verteilten.
Die nächste Frage galt dem eigentlichen Streugut, und hierbei erlebten wir eine deutliche Überraschung. Denn in der „gefühlten Wahrnehmung auf unseren zahlreichen Gesprächen im Zuge unserer Praxisreportagen hätten wir erwartet, dass Feuchtsalz und Sole mittlerweile einen sehr deutlichen Anteil haben müssten. Aber dies war nicht so deutlich der Fall, wie erwartet. Übrigens waren bei dieser Frage Mehrfachnennungen möglich (siehe Grafik 2), da in vielen Gemeinden mehrere Streugüter im Winterdienst verwendet werden.
86 der 100 Kommunen gaben an, Trockensalz zu streuen – und dies im Mittel zu 90 %, also absolut dominierend. Tendenz dabei: 83 der 86 Betriebe wollen den bisherigen Anteil beibehalten, nur drei planen, den Trockensalzanteil zu reduzieren. Feuchtsalz setzen immerhin 20 Gemeinden ein, und zwar auf durchschnittlich 52 % der Strecken, mit einer Bandbreite zwischen 5 % und 100 %. Diesbezüglich sind keine Veränderungen geplant, also nicht mehr, aber auch nicht weniger als bisher.
Gleichauf mit Feuchtsalz liegt Splitt, wird also ebenfalls in 20 Gemeinden verwendet. Bei den meisten werden zwischen 5 % und 15 % der Flächen damit abgestreut, wobei immerhin zwei Kommunen zu den Befragten gehörten, die ausschließlich Splitt verwenden. Sand kommt bisher immerhin in sieben Betrieben zum Einsatz, und das bei den meisten auch nur in sehr bescheidener Größenordnung.
Einen Betrieb mehr, nämlich acht von 100, zählte bei unserer Umfrage die Salzsolefraktion. Zwar klein, aber immerhin wachsend, denn die „Reduzierer“ in der Trockensalzgruppe wollen sich stärker in Richtung Sole entwickeln. Erstaunlich ist dabei, dass im Durchschnitt dieser Betriebe (schon) fast 60 % der Flächen mit Sole behandelt wird. Dabei handelt es sich weitgehend um Straßen, Rad- und Gehwege werden mit dieser Methode selten rutschfrei gehalten. Dies dürfte auch an der eingesetzten Technik liegen.
Fazit: Bei der Wahl der Streumittel sind die Bauhöfe sehr eindeutig auf Trockensalz ausgerichtet, und die Relation der einzelnen Streumittel zueinander ist sehr konstant.
Wenig verbraucht
Angesichts der so dominierenden Salzfraktion haben wir uns im nächsten Fragenblock auf dieses Streugut konzentriert. Wieviel Streusalz wurde konkret im Winter 2013/2014 verbraucht? Je nach Größe der Kommune und der Region fiel die Antwort erwartungsgemäß sehr unterschiedlich aus. Die Schwankungsbreite reichte dabei von 4 t bis 700 t, wobei der statistische Mittelwert der Antworten bei gut 100 t lag. Der Gesamtverbrauch der Befragten erreichte knapp 9.900 t.
Interessant dabei: Die Restbestände aus der letzten Wintersaison lagen mit etwa 16.000 t bzw. durchschnittlich 177 t pro Gemeinde deutlich höher. Rund 70 % der Befragten haben maximal die Hälfte ihrer Vorräte verbraucht, etwa 20 % sogar weniger als ein Viertel dessen. Spitzenreiter war dabei eine Stadt, die kürzlich noch 2.000 t im Lager liegen hatte.
Die Schlussfolgerung liegt nahe: Die Vorbestellung bzw. der Kauf neuer Salzvorräte fällt in diesem Jahr spürbar kleiner aus, und zwar fast überall. Gemäß unserer Umfrage planen die 100 Kommunen, insgesamt 7.700 t zusätzlich zu ordern, was im statistischen Mittel 97 t pro Gemeinde entsprechen würde. Die Bandbreite der Mengenangaben reichte hier von 10 t bis hin zu 600 t. Allerdings wird fast ein Fünftel der Bauhofleiter gar kein Salz nachordern bzw. hatte sich zum Zeitpunkt der Umfrage im September noch nicht konkret entschlossen.
Fazit: Die Kommunen haben überdurchschnittlich große Salzvorräte und planen für die kommende Saison spürbar reduzierte Nachorder.
Allein oder gemeinsam?
Zu den Kostenfaktoren im Winterdienst gehören neben den Streumitteln auch die Arbeitszeit der Mitarbeiter und die Investitionen in Lagerkapazitäten und Streutechnik. Deshalb liegt diesbezüglich die Frage nahe: Muss immer alles in Eigenregie erfolgen oder sind auch Kooperationen mit anderen Gemeinden bzw. die Auslagerung von Arbeiten an externe Dienstleister stärker als bisher vorstellbar?
Greifen wir zuerst die Kooperationen auf (Grafik 3). 69 % der Bauhöfe nutzen dies bisher gar nicht, machen also alles allein. Das scheint auf den ersten Blick viel zu sein – bedeutet aber im Umkehrschluss, dass etwa ein Drittel bereits mit Kollegen zusammenarbeitet! Deshalb lautete unsere Anschlussfrage, auf welchen Gebieten diese Kooperation stattfindet. Ergebnis: Der gemeinsame Einkauf von Salz steht an erster Stelle, gefolgt vom Streudienst (!) und dann der Lagerung.
Wie sieht es nun mit der Vergabe an externe Dienstleister aus? Um den Befragten die Antworten zu erleichtern, haben wir vier „Intensitätsklassen“ vorgegeben, die das Ausmaß der Auslagerung transparent machen sollen. Die Verteilung auf diese vier Gruppen zeigt die Grafik 4. Ein Ergebnis dessen: Immerhin 52 % aller Bauhöfe lagern einzelne Arbeiten aus. 22 % tun dies mit mindestens einem Viertel ihres Arbeitsvolumens im Winterdienst, und 10 % sogar zu mehr als 50 %.
Veränderungen sowohl bei Kooperationen als auch in der Dienstleisterfrage sind dabei allerdings in Zukunft nicht oder nur sehr bedingt zu erwarten, so die Aussagen der Befragten.
Fazit: Kommunen erledigen den Winterdienst in hohem Maß selbst, setzen aber zu einem deutlichen Anteil auch auf die Unterstützung Dritter. Allerdings wird dieser Anteil vorerst nicht zunehmen.
Mit Technik gut gerüstet
Da die Bauhöfe zum eindeutig überwiegenden Teil die Winterdienstarbeiten selbst durchführen, haben wir uns im letzten Fragenblock die eingesetzte Technik vorgenommen. Den Anfang machte dabei die Verladung der Streugüter. Absoluter Spitzenreiter hierbei waren - die Hochsilos! 59 von 100 Kommunen nutzen diese Lager- und Verladeoption, davon 53 ausschließlich. In sechs Bauhöfen gibt es offensichtlich auch Flachlager, aus denen heraus das Salz mit Frontlader-Traktor, Rad- oder Teleskoplader in die Streufahrzeuge befördert wird.
Von den drei genannten Ladervarianten stehen übrigens mit 16 Nennungen die kleineren Radlader mit bis zu 1,5 m3 Schaufelvolumen auf Platz 1. An zweiter Stelle folgen gleichauf mit je 13 die größeren Radlader (>1,5 m3 Schaufelvolumen) und Traktoren mit Frontladern. Teleskoplader wurden von fünf Befragten genannt.
Und wie sieht es mit der Streugutverteilung aus? Hier interessierten uns einerseits die Trägerfahrzeuge, andererseits die genutzten Streubehälter. Grafik 5 gibt wieder, wie viele Städte und Gemeinden welche Art Trägerfahrzeug nutzen. Klar an erster Stelle stehen im Winterdienst demzufolge Spezialträgerfahrzeuge, u.a. Unimog, Multicar und diverse vergleichbare Produkte. Unsere Fragen zielten jedoch ebenso in Richtung der Anzahl genutzter Fahrzeuge. Die genannten Stückzahlen lassen für alle vier Fahrzeuggruppen einen Mittelwert von jeweils zwei Stück pro Gemeinde zu.
Aber das trifft die Realität nur bedingt, wie die Bandbreiten der Antworten zeigen. Beispiel Lkw: Das Gros der kommunalen Betriebe setzt ein oder zwei Fahrzeuge ein, 12 der 62 Gemeinden setzen im Winterdienst drei bis sechs Lkw ein. Aufschlussreich ist die Gesamtzahl: In den 100 ausgewählten Bauhöfen sind zusammen 116 Lkw, 103 Standardtraktoren, 134 Schmalspurtraktoren sowie 146 Spezialträgerfahrzeuge.
Mindestens so wichtig ist die eigentliche Streutechnik. 83 % der Gemeinden arbeiten mit Aufbaustreuern, bei 43 % finden sich Anbaustreuer, und 22 % der Befragten gaben an, gezogene Streuer zu nutzen. Im Durchschnitt sind es drei Anbau-, vier Aufbau- und zwei gezogene Streuer pro Betrieb. In keinem einzigen Betrieb kommen alle drei Bauarten gleichzeitig vor. Nicht zu vergessen sind im Technikpark natürlich die Kehr- und Räumtechnik. Nicht verwunderlich ist, dass jeder Bauhof Räumschilde hat (in Summe der 100 Befragten sind es 484), aber nur ein Drittel setzt auch Kehrmaschinen ein (in Summe 100 Stück).
Fazit: Die Technikausstattung der Betriebe ist im Winterdienst umfassend und – auf die rund 12.000 deutschen Gemeinden und Städte hochgerechnet – eine wichtige Zielgruppe, besonders bei den Trägerfahrzeugen.
GPS nimmt zu
An erster Stelle der Prioritäten im Winterdienst steht die Qualität der Arbeit. Die Arbeit bestmöglich zu bewältigen, ist dabei eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht die Dokumentation des Geleisteten. 93 % der befragten Bauhofleiter lässt die Mitarbeiter dies mittels Streckenplänen und Papieraufzeichnungen erledigen. 12 % nutzen inzwischen GPS-Systeme zur Erfassung und Dokumentation der Fahrzeugstrecken und –positionen. In acht von zwölf Betrieben sind diese Systeme fest in den Fahrzeugen installiert, vier nutzen mobile Lösungen.
Wer jetzt gut gerechnet hat, kommt mit 93 % und 12 % auf insgesamt 105 %... was die Schlussfolgerung nahelegt, dass in einigen Bauhöfen trotz GPS das Papier noch nicht ausgedient hat. Zwei der zwölf Betriebe mit GPS-Technik nutzen diese zusätzlich, um die ausgebrachten Mengen pro m2 zu erfassen und zu belegen.
Aber warum ist der letztgenannte Aspekt scheinbar so wenig bedeutsam? Anlass genug für uns, die zwölf Teilnehmer unserer Umfrage, die GPS-Technik einsetzen, nach den Beweggründen zu fragen. Mit Punktsummen von 5 (=am wichtigsten) bis 1 (am unwichtigsten) baten wir um Gewichtung von insgesamt vier Beweggründen. Ergebnis: Elektronische Dokumentation dient mit deutlichem Abstand in erster Linie dazu, das Reklamationsmanagement der Bauhöfe zu verbessern, also Beschwerden der Bürger über vermeintliche Versäumnisse objektiv entkräften zu können. Hierauf entfielen 55 von 60 maximal möglichen Punkten.
Auf Platz 2 steht demzufolge der Gesichtspunkt „Zeitersparnis bei der Arbeitserledigung“ (28 Punkte), gefolgt von „Bessere Planbarkeit der Arbeitsaufträge“ (27 Punkte) und „Reduzierung des Streusalzaufwands“ (25 Punkte). Letzteres ist also nicht nur möglich durch die elektronische Erfassung der Ausbringmenge, sondern bereits durch die lückenlos-exakte Dokumentation der Fahrstrecken.
Erkennbar ist an dieser Stelle jedoch der eindeutige Trend, dass Bauhöfe künftig stärker in Richtung GPS-Lösungen investieren werden. Zur Erinnerung: 88 Befragte nutzen diese Technik im Winterdienst bisher nicht. Davon gaben aber zehn Teilnehmer entsprechende Investitionsabsichten an. Förderlich mag in dem Zusammenhang auch sein, dass derartige Systeme nicht nur der Datenerfassung im Winterdienst dienen, sondern auch in anderen Tätigkeitsfeldern der kommunalen Betriebe. Von den bereits erwähnten zwölf Bauhöfen nutzen vier diese Technik auch bei der Straßenreinigung und weitere zwei bei der Sperrmüllabfuhr.
Fazit 5: GPS-gestützte Systeme sind in den Kommunen (noch) nicht der Regelfall, aber gewinnen an Bedeutung. Trotzdem gilt nach wie vor: Entdecke die Möglichkeiten. Aber damit dies gelingt, ist nicht nur der Kostenaspekt in der Anschaffung wichtig. Damit sich umfangreicher Nutzen einstellt, müssen vielfach auch die Arbeitsprozesse in den Betrieben verändert werden. Technik allein ist eben nicht immer alles.
Der Autor: Jens Noordhof,
Redaktion KommunalTechnik
Erschienen in der KommunalTechnik Ausgabe 06/2014