Reportage: Zwei Gemeinden, eine Kehrmaschine
Schiller wusste bereits: „Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden“. Das beweisen die Gemeinden Schwalbach und Wadgassen aus dem Landkreis Saarlouis mit ihrer gemeinsam genutzten Kehrmaschine. Im Jahr 2013 entstand dort erstmals die Idee zu einem Projekt der „Interkommunalen Zusammenarbeit“ (IKZ). Anfänglich gab es die Überlegung, die Bauhöfe mehrerer Gemeinden zusammenzulegen, wie der Schwalbacher Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer berichtet. „Allerdings kristallisierten sich nach und nach diverse Hürden heraus, unter anderem auf der steuerlichen Seite, sodass letztlich für eine derartige Kooperation keine Perspektive blieb.“ Und Sebastian Greiber, Bürgermeister von Wadgassen, ergänzt: „Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind für die interkommunale Zusammenarbeit im Saarland noch recht unattraktiv.“
Daraufhin überlegten sich die Verantwortlichen, ob als kleinerer gemeinsamer Nenner die gemeinsame Anschaffung einer neuen Kehrmaschine eine Alternative zur Kostenersparnis sei. Anfangs waren hierzu die Gemeinden Schwalbach, Wadgassen, Bous und Ensdorf im Gespräch. Unter anderem aufgrund der unterschiedlichen Einwohnerzahlen von Bous und Ensdorf mit jeweils etwa 7.000 einerseits und Schwalbach sowie Wadgassen mit je rund 18.000 schien ein „Kauf zu viert“ letztlich jedoch wenig sinnvoll, so Hans-Joachim Neumeyer. Stattdessen entschlossen sich die beiden größeren Gemeinden dazu, wobei Bous und Ensdorf mittelbar doch integriert blieben – doch dazu später mehr.
Über neun Jahre abschreiben
Schwalbach besaß 2013 bereits ein Multifunktionsfahrzeug, mit dem unter anderem auch gekehrt wurde. Hier stand eine Ersatzinvestition an, weil sich bei der Maschine technische Mängel häuften und sie außerdem kein Laub aufnehmen konnte. Wadgassen nutzte zu jenem Zeitpunkt externe Dienstleister und sann auf Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren, wie Sebastian Greiber erklärt: „Die Kostenaufstellung ergab, dass bei einem gemeinsamen Kauf mit Schwabach unsere Belastung nicht höher sein würde als bei der externen Vergabe. Dem standen die Vorteile flexiblerer Einsatzmöglichkeiten, mehr Einsatztage, einer größeren Kehrintensität, in Summe also ein größerer Bürgernutzen gegenüber.“
Am 26. Februar 2014 unterzeichneten die beiden Bürgermeister schließlich den Partnerschafts-Vertrag. Den Kauf der Kehrmaschine übernahm die „Kommunalen Dienste, Freizeit- und Kulturbetriebe Schwalbach GmbH und Co. KG“ (KDFK), eine Tochtergesellschaft der Gemeinde. Dank dieser Konstellation war keine Ausschreibung nötig und zudem die Umsatzsteuer abzugsfähig.
Trotzdem holten sich die Gemeindevertreter von mehreren potenziellen Lieferanten Angebote ein und ließen sich vor allem Kehrmaschinen vorführen. Besonderer Fokus lag auf der Fähigkeit des Laubkehrens. Die Entscheidung fiel letztendlich auf den City Master 2000 von Hako mit nominal 2 m³ Fassungsvermögen. „Die Kehrmaschine bot bei einem Preis von netto gut 80.000 € aus unserer Sicht das beste Preis/Leistungs-Verhältnis“, betont Toni Schneider, Bauamtsleiter in Wadgassen.
Seit Juni 2014 ist der City Master 2000 in den Gemeinden im Einsatz. Die KDFK vermietet die Maschine an Schwalbach und Wadgassen. Mit sechs Ortsteilen ist Wadgassen zwar die größte Gemeinde im Kreis, dennoch verfügen beide Kommunen über ein Straßennetz von je etwa 110 km und rund 18.000 Einwohnern. Deshalb werden die Kosten inklusive Abschreibung, Kreditzinsen, Versicherung und Wartung 50:50 aufgeteilt. Die Abschreibung der Kehrmaschine erfolgt über neun Jahre. Nach Ablauf dieser Zeit ist die Miete, je nach Zustand der Maschine, neu zu ermitteln. „Bei guter Pflege könnten die Ausgaben also letztendlich deutlich sinken“, glaubt Gerhard Rupp, in Schwalbach Leiter des Fachbereichs 4 (Bauen/Wohnen/Umwelt), in dessen Verantwortungsbereich somit auch der Bauhof fällt.
Eine Frage der Organisation
Alle 14 Tage wechselt die Kehrmaschine zwischen Wadgassen und Schwalbach. „Die Übernahme wird jedes Mal genau protokolliert“, erklärt Gerhard Rupp. Die Kehrmaschine muss vollgetankt, abgeschmiert und gereinigt übergeben werden. „Ich würde behaupten, die Kehrmaschine ist die sauberste in unserem Fuhrpark“, berichtet Hans-Jörg Hoen, Bauhofleiter in Schwalbach, schmunzelnd.
Für diese gute Pflege sei es sehr wichtig, dass jede Kommune einen eigenen festen Fahrer stellt, der sich mit der Maschine identifiziert und sie verantwortlich wartet und pflegt. Jeder Fahrer verfügt zudem über eine Krankheits- und Urlaubsvertretung in der eigenen Gemeinde. Die Lohnzahlungen übernimmt jede Kommune für sich, genauso verhält es sich mit den Spritkosten.
Jede Gemeinde stellt darüber hinaus auch ihre eigenen Bürsten. Pro Jahr hat die Kehrmaschine einen Verschleiß von zwei bis drei Wildkrautbesen und zwei bis drei Universalbesen. Die Kehrarbeiten umfassen u.a. die Bürgersteige und Rinnsteine an den durch die Orte führenden Landstraßen. Hinzu kommen Wege und Plätze vor öffentlichen Gebäuden, wie etwa Schulen, Rathaus, oder den Schwimmbädern. „Nicht zu vergessen sind natürlich die Friedhofswege“, so Toni Schneider. Und Hans-Jörg Hoen ergänzt: „Wege und Rinnsteine vor Privatgrundstücken fallen gemäß Satzung prinzipiell unter die Anliegerräum- und –reinigungspflicht. Deshalb sind wir mit unserer Kehrmaschine, von absoluten Ausnahmefällen abgesehen, dort nicht im Einsatz.“
Normale Wartungsarbeiten und den Besentausch führen die Werkstätten der beiden Bauhöfe durch. Für komplexere Reparaturen und natürlich die offiziellen Inspektionen ist der Kommunaltechnik- und Motorgeräte-Fachbetrieb Wagner in Wadgassen zuständig, der die Kehrmaschine auch verkauft hat. „Einen expliziten Wartungsvertrag haben wir aber nicht abgeschlossen“, berichtet Hans-Jörg Hoen weiter.
Die Entsorgung des Kehrgutes sowie des Laubs regelt ebenfalls jede Kommune für sich. Das Laub wird zum Kompostieren zum jeweiligen Wertstoffhof gebracht, während der Rest verbrannt wird – natürlich mit korrektem Entsorgungsnachweis. Die Kehrmaschine läuft das ganze Jahr über. Lediglich bei Minusgraden kann sie wegen der Wassersprühanlage nicht gefahren werden. In der Karnevalszeit weichen Schwalbach und Wadgassen auf eine größere Leihmaschine aus, die mit 6 m³ über mehr Fassungsvermögen verfügt. „Dafür feiern unsere Gemeinden den Karneval zu groß, das schafft unsere kleine Kehrmaschine nicht“, berichtet Bürgermeister Greiber lächelnd.
Zum Einsatzpensum des Citymaster gehören übrigens auch die beiden eingangs genannten Gemeinden Bous und Ensdorf, wie Hans-Joachim Neumeyer hinzufügt. Maschine und Fahrer sind dort jeweils in unregelmäßigen Abständen im Einsatz, quasi als Dienstleister mit Mann und Maschine. Die Nutzungstage der einzelnen Gemeinden werden im „Jahresplan“ der Maschine immer gleich zu Jahresbeginn durchgeplant, sodass alle Beteiligten wissen, wann sie „dran“ sind. Der entsprechende Aufwand werde verrechnet, so Gerhard Rupp. Die kleineren Gemeinden profitieren dadurch von der Kehrleistung, ohne in eigene Kapazitäten investieren zu müssen. Und für die beiden IKZ-Partner ergibt sich dadurch eine noch bessere Auslastung.
Lust auf mehr
Für Schwalbach haben sich durch die Zusammenarbeit keine gravierenden Änderungen ergeben, meint Hans-Jörg Hoen. Die Arbeit sei jetzt aber besser durchgeplant: „Wir können die Arbeitsstunden der Kehrmaschine ziemlich genau einplanen. Für 2015 sind wir von 750 Betriebsstunden ausgegangen, tatsächlich waren es 751 Stunden, also eine echte Punktlandung.“ Außerdem sei die alte Kehrmaschine allein aufgrund ihres Alters und der Einsatzleistung wesentlich störungsanfälliger gewesen. Die Wadgassener bekämen dagegen im Vergleich zu den gleichen Kosten mehr Leistung, da sie die Kehrmaschine öfter nutzen können, so die Bewertung seitens Toni Schneider.
Das Fazit der Zusammenarbeit sei insgesamt nach den ersten 20 Monaten sehr positiv, ist Sebastian Greiber überzeugt: „Sie fördert das Miteinander der Kommunen und die Wirtschaftlichkeit. Zudem haben besonders die Bürger durch einen besseren Service und saubere Straßen einen Nutzen von der Partnerschaft.“
Aus diesem Grunde können sich alle Beteiligten durchaus vorstellen, weitere Partner-Projekte zwischen Schwalbach und Wadgassen auf den Weg zu bringen. So ist eine gemeinsame Astschere im Gespräch, da diese Technik zwar benötigt werde, aber von nur einer Gemeinde nicht voll ausgelastet werden könne. Auch hier könnte die KDFK den Kauf übernehmen und die Technik an die beiden Kommunen vermieten. Insgesamt ist die interkommunale Zusammenarbeit also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten, so das einhellige Echo. „Der bisherige Erfolg der Kooperation macht Lust auf mehr, und wir sind sehr optimistisch, was die Zukunft betrifft“, so Hans-Joachim Neumeyer abschließend.
>> Die Autorin: Nantke Lena Neumann,
Redaktion KommunalTechnik