Süß statt salzig?
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Natriumchlorid ist nach derzeitigem Wissensstand im Vergleich zu anderen Streustoffen in den meisten Anwendungsfällen der wirtschaftlichste Streustoff und gleichzeitig der Streustoff mit den geringsten Umwelteinwirkungen. Im Bereich der Umwelteinwirkungen ist Natriumchlorid aber nicht unumstritten. Daher gibt es immer wieder Bestrebungen Alternativen in Form eines vollständigen – oder teilweisen Ersatzes von Natriumchlorid zu suchen. Andere Bestrebungen liegen in Zusätzen zum Natriumchlorid, um dessen Eigenschaften zu verbessern.
Als ein möglicher Zusatz wird Melasse angeboten, dass bei der Zuckerproduktion anfällt. Der Zusatz soll laut Anbieterangaben folgende Verbesserungen von Natriumchlorid für den Winterdienst erreichen:
- Erhöhung der Liegedauer
- Absenkung des eutektischen Punktes
- Verringerung der korrodierenden Eigenschaften gegenüber Metallen
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat gemeinsam mit einem Tausalzlieferanten Natriumchlorid-Melasse-Gemische aber auch Tausalze mit reinem Zuckerzusatz bezüglich Tauleistung und Anwendbarkeit getestet.
Keine höhere Tauleistung
Eine höhere Tauleistung dieser Gemische konnte nicht festgestellt werden. Der Zusatz von reinem Zucker hat die Tauleistung sogar überproportional gesenkt. Die Verteilung eines Salz-Melasse-Gemisches ließ sich mit einer Qualität bewerkstelligen, die auch mit einer gut justierten Feuchtsalztechnologie erreicht wird. Allerdings entstanden aufgrund der klebrigen Eigenschaften der Melasse erhebliche Ausbringprobleme an der Streumaschine. Eine breite Anwendung kann anhand dieser Ergebnisse nicht empfohlen werden.
Mit gleichen genannten Vorteilen bot eine Firma Melasse als Zusatz für Tausalzlösungen an. Tausalzlösungen kommen heute weit verbreitet in der Feuchtsalzausbringung zur Anwendung. Reine Salzlösungen finden zunehmend Verwendung bei der präventiven Streuung.
Die Autobahnmeisterei Erkner und die BASt untersuchten gemeinsam die Liegedauer von mit Melasse versetzter Natriumchloridlösung. Die Lösung kam zum Einem bei Feuchtsalztechnologie und zum Anderen bei der reinen Lösungsausbringung zum Einsatz. Das Mischungsverhältnis betrug 10 Teile 20%ige Natriumchloridlösung und 1 Teil Melasse.
Die Versuche zur Liegedauer fanden im Jahr 2010 statt. Bei der Liegedauermessung kam ein neues Spül-Saug-Verfahren zur Anwendung. Mit diesem Verfahren werden auf Streifen mit einer Fläche von 5 x 0,2 m die Tausalze aufgenommen. Über die Bestimmung der Masse und Leitfähigkeit der aufgenommenen Lösung wird die Salzmenge bestimmt.
Liegedauer gleich
Dabei wurde die Liegedauer von Feuchtsalz FS30 und reinen Lösungen mit und ohne Melassezusatz bei gleichen ausgebrachten Mengen verglichen.
Bei den Versuchen konnten beide Ausbringungsformen mit und ohne Melassezusatz nahezu zeitgleich unter gleichen Bedingungen ausgebracht werden.
Mittelwerte der gemessenen Salzmengen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Ausbringung
Das Ergebnis verdeutlicht, dass durch den Melassezusatz weder bei der Feuchtsalz- noch bei der Lösungsausbringung eine höhere Liegedauer der ausgebrachten Tausalze erreicht wird.
Die Anwendung von Melasse erfordert vor der Ausbringung zusätzlichen Aufwand. Die Natriumchloridlösung muss mit Melasse gemischt werden. Dazu ist zusätzliche Technik (Zusatztank, Mischtechnik) erforderlich, die zusätzlich Kosten verursacht. Das Umpumpen von Melasse vom Vorratstank in die Streumaschine gestaltete sich mit der in der Autobahnmeisterei Erkner vorhandenen Technik aufgrund der vergleichsweisen geringen Viskosität als sehr schwierig.
Ausbringung mit Problemen
Die Anwendung führte zu Problemen beim Ausbringen. So konnten Ablagerungen von Melasseanteilen im Lagerbehälter aber auch in einem Filter der Streumaschine festgestellt werden. Diese führten zu Störungen beim Ausbringen.
Eine weitere Beobachtung bei den Versuchen war, dass in mit Melasse versetzter 20%ige Natriumchloridlösung bei tiefen Temperaturen zwischen -15°C und –20°C bereits Eisbildungen auftraten. Keine Eisbildung trat bei der parallel gelagerten reinen Natriumchloridlösung gleicher Konzentration auf. Das weist daraufhin, dass der Zusatz von Melasse die Gefriertemperatur eher steigen lässt und nicht senkt.
Da alle Ergebnisse keinen höheren Nutzen für den Winterdienst nachweisen, sind auch keine höheren Preise für den Melassezusatz gerechtfertigt. Für eine Tonne Melasse wurde ein Preis von 300 € angegeben. Bei dem genannten Mischungsverhältnis zwischen Lösung und Melasse verteuert sich bei der Feuchtsalzstreuung die Ladung einer Streumaschine mit einem 5 m³ Trockensalzbehälter um rund 80 €.
Aufgrund der Messergebnisse bei der Liegedauer aber auch der sonstigen Anwendungserfahrungen ergibt sich, dass Melasse als Zusatz zum Natriumchlorid keine betriebswirtschaftliche Vorteile sondern nur zusätzliche Aufwendungen für den Winterdienst bringt. Eine Empfehlung zur Anwendung kann daher nicht gegeben werden.
>> Die Autoren:
Horst Badelt, Sandra Eimermacher
Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach
Erschienen in der KommunalTechnik Ausgabe 4 2011.
Weiterführende Informationen finden Sie bei evideroa und lesen Sie hier was Elche mit dem Thema zu tun haben.
Wissenschaftliche Ergebnisse einer Studie aus Bern finden Sie hier.