Reportage: Stadtreinigung am Hamburg Hauptbahnhof

Dreckige Ecken, Taubenkot und Müll: Das soll es am Hamburger Hauptbahnhof in Zukunft nicht mehr geben. Die Stadtreinigung unterstützt seit Februar dieses Jahres die Bahn AG im Kampf gegen den täglichen Unrat auf den Außenflächen des Hauptbahnhofs.
Gruppenleiter Michael Utesch (l.) und Teamleiter Patrick Wischhöfer freuen sich über die positive Resonanz ihrer Arbeit am Hauptbahnhof.

„Gucken Sie mal: Vor wenigen Minuten haben wir alles gereinigt und jetzt hat schon wieder jemand in die Ecke gepinkelt“, sagt Michael Utesch und deutet auf eine nasse Stelle am Gebäude des Hamburger Hauptbahnhofs. Er ist ein Gruppenleiter der Stadtreinigung Hamburg (SRH) und für die Region Mitte, Innenstadt und St. Georg – und neuerdings auch für den Hamburger Hauptbahnhof – zuständig. Im Hintergrund ist ein Abfallsauger zu hören, der von einem Mitarbeiter über den Parkplatz gezogen wird. Mühelos sammelt der Sauger die unzähligen Zigarettenstummel vor dem Hauptbahnhof auf, die wie aus dem Nichts zu kommen scheinen. Eine kleine Kehrmaschine bahnt sich daneben ihren Weg durch die eilig vorbeilaufenden Menschen und hinterlässt einen feuchten, sauberen Asphalt. Für kurze Zeit wird der Hauptbahnhof blitzblank sein, doch dann geht die Arbeit wieder von vorne los, denn täglich kommen dort bis 500.000 Besucher mit den etwa 800 Nah- und Fernverkehrszügen an.

Der Abfallsauger von Gluttor sammelt die Zigarettenstummel vor dem Hamburger Hauptbahnhof ein.

Im letzten Jahr haben die Bahn AG, die verantwortlichen Behörden Hamburgs und das Bezirksamt Mitte auf den zunehmenden Verschmutzungsdruck am Hauptbahnhof reagiert und die SRH beauftragt, ein Konzept für die Reinigung der Außenflächen zu erstellen. Auf insgesamt 25.000 m² Außenbereich kommen die Mitarbeiter der SRH am Hauptbahnhof nach der Umstellung des Systems. Die Bahn AG beauftragt die Stadtreinigung davon mit rund 13.000 m², die Stadt Hamburg mit den restlichen 12.000 m². Nicht inbegriffen sind die Versorgungswege. Vor der Umstellung wurde die Reinigung von externen Dienstleistern durchgeführt, die durch die Bahn AG beauftragt wurden. Dies ist eine von 40 Einzelmaßnahmen des Projektes „Hamburg – gepflegt und grün“, das seit Anfang des Jahres von der Stadt Hamburg umgesetzt wird.

Wir sind jeden Tag hier.

„Wir haben für den Auftrag erst einmal analysiert, welche Flächen besonders pflegeintensiv sind und mit welchen Geräten wir am effektivsten arbeiten können. Diese wurden daraufhin angeschafft“, erklärt Michael Utesch.
Geplant ist langfristig ein Vier-Mann-Schichtdienst mit drei Einsätzen pro Tag – bis auf den Sonntag – von 6 bis 22 Uhr. Diese haben die Scheuersaugmaschine Hako Scrubmaster mit Reinigungsflüssigkeit und einen Abfallsauger von Glutton zur Verfügung, die beide handgeführt und elektrisch betrieben sind. Die Scheuersaugmaschine wird zur Aufhellung der Bodenplatten und zur Geruchsvorbeugung genutzt. Der Abfallsauger ist speziell für die Außenflächen konzipiert, um Müll aufzusammeln. Für die Tiefenreinigung hat die SRH das Schrubbdeck für den Hako Citymaster 1600 angeschafft, welches vier Mal pro Monat eingesetzt werden sollte. „Eigentlich wollten wir die Flächen hier nur einmal pro Woche mit dem Schrubbdeck bearbeiten, aber tatsächlich sind wir jeden Tag hier“, erklärt Michael Utesch.

Für den Außenbereich hat die SRH ein Schrubbdeck für den Hako Citymaster angeschafft, das speziell für den Einsatz auf Asphalt und Betonoberflächen konzipiert wurde.

Bis sich das Team eingespielt hat, ist tagsüber eine Kolonne, bestehend aus vier Männern und einer Frau, dafür zuständig, den Hamburger Hauptbahnhof von Unrat und Zigarettenstummeln zu befreien. „Bevor wir hier waren, war der Boden des Außenbereiches vor lauter Kippen kaum zu sehen“, sagt Robert Szwejk, Teamleiter der Kolonne am Hauptbahnhof. „Ich habe das Gefühl, die Menschen haben das Umweltbewusstsein verloren und schmeißen ihren Müll überall hin“. Am schlimmsten seien die Probleme erfahrungsgemäß tagsüber und insbesondere im Sommer oder bei Veranstaltungen wie bei Fußballspielen oder Musikfestivals, bei denen die Teilnehmer mit der Bahn anreisen. „Wenn wir den Schlagermove in der Stadt veranstalten, sind hier alle außer Rand und Band, durch alle Schichten hinweg, dann wird der Müll überall hingeworfen“, sagt Patrick Wischhöfer, der als WasteWatcher bei der SRH angestellt und immer am Hauptbahnhof dabei ist.

Die Stadt überlegt aktuell, ob ein Alkoholverkaufsverbot zu bestimmten Zeiten eine Möglichkeit ist.

Da der Hauptbahnhof am Tage stark frequentiert ist, passieren einige der Reinigungsarbeiten der SRH in der Nacht. Jeden Mittwoch werden mit Hilfe des Verkehrssicherungsdienstes nachts die Verschmutzungen in den „Pinkelecken“ und Taubenexkremente mit Hochdruckreinigern entfernt. Manche Bereiche müssen allerdings tagsüber regelmäßig gepflegt werden: „Für die Toiletten rund um den Hauptbahnhof sind wir auch verantwortlich. Dafür haben wir aber eine externe Firma beauftragt, die fünf Mal am Tag hier sauber macht“, erklärt Patrick Wischhöfer. „Wir haben uns außerdem dazu entschlossen, die Papierkörbe der Bahn AG durch eigene zu erweitern.“ Darunter sind auch die sogenannten Bigbellys, solarbetriebene Papierkörbe mit integrierter Müllpresse. Sie können bis zu 700 l Abfall aufnehmen und sollen so eine weitere Vermüllung aufgrund zu kleiner Körbe verhindern.

Im gesamten Stadtgebiet hat die SRH aktuell 9.500 Müllkörbe aufgestellt, diese Anzahl soll sich aber bis zum Sommer im Rahmen des Projektes „Hamburg – gepflegt und grün“ auf 10.000 erhöhen. „Wir haben allerdings nicht feststellen können, dass sich die Müllproblematik in Hamburg insgesamt signifikant erhöht. Wir haben eher das Gefühl, dass sich der Abfall verlagert“, erklärt Andree Möller aus der Abteilung „Kommunikation und Innovation“ der SRH. Schuld daran sei unter anderem das sogenannte „Cornern“. Dabei treffen sich Jugendliche, insbesondere im Sommer, auf Freiflächen zum Trinken von Alkohol bevor sie in Clubs und Bars weiterziehen. Das Problem daran: Die Jugendlichen hinterlassen ihren Müll und urinieren mangels Toiletten in umliegende Gebüsche und Ecken. Das sorge gerade bei den Anwohnern für Ärger. „Die Stadt überlegt aktuell, ob ein Alkoholverkaufsverbot zu bestimmten Zeiten eine Möglichkeit ist, dem Cornern vorzubeugen. Bis dahin setzen wir an besonders schwierigen Stellen „Kümmerer“ ein. Diese arbeiten ähnlich wie ein Hausmeister und kümmern sich um einen bestimmten Bezirk, den sie sauber halten und Ansprechpartner für die Bürger sind“, sagt Andree Möller.

Uns gehören 38 Großkehrmaschinen.

Neben diesen Bezirkswächtern sind aktuell ungefähr 450 Mitarbeiter mit der Stadtreinigung in Hamburg beschäftigt. Pro Woche halten sie in 40 Teams 5.060 km Fahrbahnen und 5.370 km Gehwege mit 79 Kehrmaschinen sauber. „Uns gehören 38 Großkehrmaschinen von Mercedes-Benz und drei Mitsubishi Fuso-Kehrmaschinen mit Wechselaufbau. Die zusätzlichen Geräteträger-Kehrmaschinen haben wir gemietet“, erklärt Andree Möller. In zwei eigenen Werkstätten werden die Maschinen gewartet, umgerüstet und repariert.

Die zusätzlichen Mülleimer am Bahnhof sollen der Vermüllung vorbeugen.

Um einen genauen Überblick über die Fahr- und Kehrzeiten sowie Fahrspuren zu behalten, wurden Anfang 2016 alle Groß- und Gerätekehrmaschinen der SRH mit Telematiksystemen ausgestattet. Andree Möller erklärt: „Zum Schichtbeginn wählen die Fahrerinnen und Fahrer einmalig den Kehrplan auf dem Display eines Tablets aus. Bei eingeschalteter Zündung werden die Betriebsdaten und GPS-Positionen mit einer speziell für die SRH entwickelten Telematik-Anwendung, einer Android-Applikation, erfasst.“ Die Kehrmaschinenfahrerinnen und -fahrer können auf den Tablets Betriebsdaten einsehen, die seit Schichtbeginn aufgezeichnet wurden. Für die Auswertung nutzen die Gruppen- und Betriebsleiter das SAP-System. Hier können sich die Verantwortlichen die Fahr- und Kehrkilometer sowie die Fahr- und Kehrzeiten pro Schicht für jede Kehrmaschine anzeigen lassen. Über ein geographisches Informationssystem (GIS) ist die Fahrspuraufzeichnung einsehbar. Hier wird die zurückgelegte Tour jeder Maschine pro Schicht dargestellt. Farblich unterscheiden sich die Strecken in gekehrte, rote und nur durchfahrene, grüne Abschnitte. Wie häufig die Wege gereinigt werden müssen, hängt zum einen von Erfahrungswerten ab und zum anderen gibt das Hamburgische Wegereinigungsverzeichnis vor, für welche Leistungen die Anwohner und/oder Ladenbesitzer bezahlen. Hochfrequentierte Bereiche wie die Fußgängerzone, der Hauptbahnhof oder der Kiez werden dementsprechend häufiger gekehrt als ruhigere Wohngebiete. Das System helfe, um beispielsweise bei Beschwerden beweisen zu können, ob gekehrt wurde oder nicht. Neben der Arbeitszeiterfassung ist dieses System eine Unterstützung, um den Kundenservice zu verbessern.

Insgesamt 25.000 m² Außenfläche des Hauptbahnhofs liegen in der Verantwortung der Stadtreinigung.

Die Zufriedenheit der Bürger steht für die SRH an erster Stelle. Deshalb bekommt die Stadtreinigung Hamburg ab 2018 auf Antrag der rot-grünen Koalition die Pflege sämtlicher städtischer Grünanlagen übertragen. Dem hat die Bürgerschaft am 30. November 2016 zugestimmt. Dafür werden laut Andree Möller mehr als 400 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt und 170 zusätzliche Fahrzeuge und Maschinen angeschafft. Zu den erweiterten Aufgaben gehören neben der Reinigung für Parks und Grünanlagen auch die intensivere Pflege der Radwege und Fahrbahnen. Finanziert werden die neuen Ausgaben über eine Straßenreinigungsgebühr, die ab 01. Januar 2018 eingeführt werden soll. Dies ist in fast allen anderen Großstädten inzwischen gang und gäbe.

Die Mehrarbeit ist für die Kolonne am Hauptbahnhof jedoch kein Problem: „Wir bekommen sehr viel positive Rückmeldungen für unsere Arbeit hier. Mit unseren orangenen Jacken werden wir häufig angesprochen und um Hilfe gebeten. Das ist ein schönes Gefühl“, erklärt Patrick Wischhöfer. „Nur während der Fußball-Weltmeisterschaft ist es schwieriger – da werden wir immer für Niederländer gehalten“, sagt er grinsend und entschuldigt sich. Die Arbeit am Hauptbahnhof wartet.

Nantke Lena Neumann, Redaktion KommunalTechnik
Den vollständigen Bericht lesen Sie in der Zeitschrift KommunalTechnik
Ausgabe 3 März/April 2017.