Reportage Frühjahrsputz mit dem Bauhof Osterrode
7:30 – Die Mannschaft startet
Pünktlich um 7:30 Uhr stehe ich bei Conny Schladitz im Büro. Er ist stellvertretender Bauhofleiter in Osterode und wird mich den Vormittag über begleiten. Die Bauhofmannschaft ist bereits seit 6:30 Uhr im Dienst. Die meisten machen sich in diesem Moment in den verschiedenen Bauhoffahrzeugen auf den Weg zu ihrer heutigen Tagesaufgabe. Durch die großen Fenster von Conny Schladitz‘ Büro mit Blick auf den Bauhof kann ich das rege Starten der orangenen Flotte bestens beobachten.
Ich bin erst einmal dankbar über den Kaffee und erfahre zunächst etwas über die Eckdaten des Baubetriebshofes und seine wiederkehrenden Aufgaben. Die großen Aufgabengebiete des Bauhofes lassen sich grob in Grünpflegearbeiten, Sportplatzpflege und -unterhaltung (sieben Haupt- und fünf Nebenplätze, zwei Kunstrasenplätze), Spielplatzunterhalt und -bau (45 Spielplätze inkl. Kindergärten und Schulen) und den Bereich Tiefbau und Straßenunterhalt inkl. Winterdienst und Straßenreinigung einteilen, wobei auch auf private Dienstleister zurückgegriffen wird. Ein weiteres Feld des Bauhofes ist die Unterhaltung von sieben Friedhöfen, doch dazu später mehr. Der Bauhof ist dem Fachdienst Bauen untergliedert und somit eigentlich ein klassischer Regiebetrieb, jedoch wird nach einer Auftragnehmer-/Auftraggeber-Struktur mit einer internen Leistungsverrechnung gearbeitet. So ist der Bauhof zum Beispiel bei Winterdienst und Straßenreinigungsaufgaben auch nur einer der Auftragnehmer, Teile davon sind von der Tiefbauabteilung an private Dienstleister vergeben.
8:30 – Sturmschäden beseitigen
Es ist immer noch klirrend kalt. Bei Temperaturen um die 0°C mache ich mich mit Conny Schladitz auf zur ersten „Baustelle“. Sturm Friederike hat auch in Osterode gewütet und heute soll der letzte Sturmschaden, eine stattliche umgestürzte Esche, beseitigt werden. Mehrere Mitarbeiter sind dabei, Stamm und Äste mit Motorsägen zu zersägen. Zum Abtransport stehen zwei Lkw bereit (MAN 18.290 und Iveco Daily, jeweils mit Ladekran), die das Material direkt mit Greifschaufeln aufladen. Der Baum stand auf einer Grünfläche an einer der Haupteingangsstraßen nach Osterode. Eine bunte Krokusmischung läutet dort den Frühling ein und bald – so erzählt mir Conny Schladitz – werden weitere zahlreiche Frühblüher auf dieser Fläche die Besucher Osterodes begrüßen. Gesetzt wurden diese von einer professionellen Dienstleistungsfirma.
8:45 – Herr der Sinkkästen
In unmittelbarer Nähe treffe ich Bauhofmitarbeiter Rainer Urbanek. Er ist mit einem Multicar Tremo unterwegs, der mit einem Aufbau der Firma Schmaizl zur Sinkkastenreinigung ausgestattet ist. Von März bis Oktober ist er tagtäglich mit „seinem“ Gespann unterwegs und reinigt in Eigenregie die Sinkkästen der Stadt Osterode. In einem Kataster sind diese noch nicht dokumentiert, aber der Bauhofmitarbeiter kann mir trotzdem postwendend sagen, wie viele Gullys es in der Stadt gibt: „Etwas über 6.500 Sinkkästen sind es, und ich kenne jeden einzelnen“, erzählt er mir nicht ohne ein Augenzwinkern. Läuft alles nach Plan, schafft er es, alle Einläufe zweimal pro Jahr anzufahren. „Es gibt natürlich auch Bereiche, die aus verschiedensten Gründen schneller verstopfen und voll sind, die fahren wir dann öfter an“, erklärt Conny Schladitz.
Seit 23 Jahren macht Rainer Urbanek diesen Job; 18 Jahre davon mit dem Sinkkastenreiniger, die ersten fünf Jahre noch manuell. „Das ging zwar schneller, aber war ein Knochenjob, das kann man nicht lange machen. Die Maschine gebe ich nicht wieder her.“ Er schätzt, dass die Sinkkästeneinsätze je nach Größe und Inhalt zwischen 5 und 20 kg wiegen.
Mit dem Sinkkastenreiniger von Schmaizl, der aus der ersten Serie stammt und in den 18 Jahren nicht gegen ein neueres ausgetauscht wurde, ist er äußerst zufrieden. „Es soll das älteste noch im Betrieb befindliche Schmaizl Gerät sein. Bis auf die Verschleißteile, wie beispielweise dem Metallseil oder dem Rüttelmotor, ist noch nie etwas Großes kaputtgegangen“, berichtet er. Seit elf Jahren ist der Sinkkastenreiniger auf dem Tremo aufgebaut, vorher diente als Trägerfahrzeug ein Unimog UX 100. Vorteil des Tremos sei ganz klar, dass es ein Rechtslenker ist und er so zum einen nicht in den fahrenden Verkehr aussteigen muss und zum anderen die Gullys so besser vom Fahrzeug aus im Blick hat.
Ich bekomme eine Lehrvorführung der Sinkkastenreinigung und nach meinem Empfinden geht es ruck, zuck, keine ganze Minute dauert das Leeren eines Einsatzes. Die Einsatzdauer würde aber von Sinkkasten zu Sinkkasten variieren, es kommt durchaus auch mal vor, dass ein Deckel hakt oder der Einsatz beim Herausnehmen kaputtgeht und man den Dreck dann per Schaufel aus dem Gully holen müsse. Die Reparaturen der Sinkkästen nimmt Rainer Urbanek direkt bei der Entleerung vor. Er hat immer einige neue Einsätze auf dem Fahrzeug dabei.
9:20 – Baumkontrolle
Es ist Frühstückszeit und viele Mitarbeiter fahren dafür zum Bauhof zurück. „Für einige – z.B. diejenigen, die mit Müll in Berührung kommen - gibt es eine Dienstanweisung, dass sie sich vorm Frühstück die Hände zu waschen und zu desinfizieren haben“, erklärt Conny Schladitz.
Marco Hensel bleibt heute draußen und fährt nicht zum Bauhof zurück. Er ist einer von drei Baumkontrolleuren und -pflegern und heute alleine mit seinem Dienstfahrzeug zur Baumkotrolle unterwegs. Dabei hat er sein Tablet, mit dem er Zugang zum Baumkataster hat, das gerade in Osterode digital neu aufgebaut wird. Vorher gab es nur eine Papierversion. Als Software wird hierfür pit-Kommunal genutzt, das in Osterode auch in anderen Bereichen wie z.B. dem Spielplatz-, Stadtmobiliar-, Straßen- und Kanalkataster verwendet wird. Mit den Tablets für das Baumkataster ist Marco Hensel zufrieden: Die Akkuleistung sei durchaus ausreichend, nur bei Regen sei es im Freien nicht praktikabel. Es ist zwar wasserdicht, aber der Touchscreen reagiert auf die Wassertropfen, so der Baumpfleger.
Marco Hensel hat bereits im Osteroder Bauhof Gärtner im Garten- und Landschaftsbau gelernt und sich dann nach einigen Jahren zum Baumpfleger weitergebildet. Seit 2017 ist er sogar Baumkletterer. Den Kurs hat er in der Nähe von Munster absolviert und berichtet folgendes: „Das war eine echt anstrengende Woche und wirklich hart, aber es hat sich gelohnt.“ „Dieser Job ist zum Teil auch körperlich eine Herausforderung, man muss schon fit sein und zudem höhentauglich“, fügt sein Chef hinzu.
Wir stehen an einem Baum, der bereits mit einer Nummer versehen ist und über die er im Baumkataster aufgerufen werden kann. Jetzt in der Übergangszeit zwischen Fäll- und Pflegesaison ist Marco Hensel mit der Kontrolle der Bäume beschäftigt – alleine 12.000 Einzelbäume müssen einzeln angelaufen werden plus diverse kleinere „Waldbestände“. Seine beiden Kollegen aus der Baumpflege sind heute an einem anderen Ort mit dem Hubsteiger unterwegs.
9:45 – Neue Grabform
Auf dem Weg zum städtischen Friedhof geht es ziemlich steil bergauf.
Oben angekommen, erwartet uns ein sehr weitläufiger Friedhof mit wunderbarem Ausblick auf Osterode. Gepflegt wird der Friedhof von einer siebenköpfigen Friedhofskolonne, die organisatorisch zwar zum Bauhof gehört, aber einen eigenen kleinen Standort direkt am Friedhof hat. Die Arbeiten reichen von der Grünpflege über den Grabaushub, Einebnungen, die Grab- und Wegepflege bis hin zur Neuanlage von Grabfeldern. Erst kürzlich wurde hier eine neue Urnen-Grabform eingeführt, die sogenannten Partnergräber, die gärtnerisch durch die Stadt Osterode am Harz gepflegt und im jahreszeitlichen Wechsel bepflanzt werden. Diese werden so gut angenommen, dass demnächst noch weitere entstehen werden.
10:15 – Auch Mietfahrzeuge im Fuhrpark
Wir haben Zeit, ein paar Maschinen des Bauhofes anzuschauen. Beim Blick auf den Fuhrpark erfährt man so einiges über die Philosophie des Bauhofes. „Wir versuchen im Prinzip alle Fahrzeuge mit Wechselaufbauten auszurüsten, so dass sie im Sommer- wie auch Winterdienst laufen können. Ausnahme ist hier nur die Kehrmaschine“, berichtet Conny Schladitz. Insgesamt vier Kommunaltraktoren sind in Osterode im Einsatz: ein 400er Fendt, ein 200er Fendt sowie zwei Kleintraktoren: einmal Landini, einmal Kubota. Letztere sind im Sommer vor allem in der Sportplatzpflege im Einsatz. Die Modelle von Fendt dann eher in der extensiven Grünflächenpflege, im Straßenbegleitgrün und der Grabenpflege. Für die diesjährige Wintersaison hat der Baubetriebshof zusätzlich einen komplett ausgestatteten Unimog hinzugemietet. „Im Sommer hätte ich für dieses Fahrzeug nicht genug Auslastung, dafür ist es einfach zu teuer. Selbst wenn ich mal ein zusätzliches Transportfahrzeug brauche, ist es dann rentabler, sich eines für eine Woche anzumieten“, ist der stellvertretende Bauhofleiter überzeugt.
11:00 – Kehrmaschine im Einsatz
Wir fahren ein Stück aus Osterode heraus in einen der Ortsteile. In Förste ist vor einer ehemaligen Verwaltungsaußenstelle Bauhofmitarbeiter Valentin Renner mit der 2 m³ Kehrmaschine des Bauhofes unterwegs – eine fünf Jahre alte MFH 2500. Damit die Kehrmaschine auch auf den Gehwegen eingesetzt werden kann, wurde sich bewusst für ein Modell in dieser Größenkategorie entschieden. Zu 90 % ist die Kehrmaschine des Bauhofes vor gemeindeeigenen Gebäuden und Grundstücken unterwegs und übernimmt dort die Anliegerpflichten der Gemeinde. Die meisten weiteren Straßenreinigungsarbeiten sind in Osterode vergeben und die Reinigung der Bürgersteige auf die Anlieger übertragen worden.
11:30 – Maschinenvorführung
Zurück auf dem Bauhof wartet schon Thomas Thiel, Verkaufsberater für Kommunal- und Motorgeräte bei Agrarmarkt Deppe. Er wird heute einen Roberine Großflächenmäher mit Schlegelmähwerk vorführen. „Das ist noch Zukunftsmusik, aber wir überlegen in zwei bis drei Jahren ein solches Gerät für das Mähen des Straßenbegleitgrünes zu beschaffen“, sagt Conny Schladitz.
Bei der Vorführung dabei ist auch Bauhofmitarbeiter Sascha Mutio, er ist einer der Mäherfahrer und bei der Vorführung ganz in seinem Element. Er weiß genau, was er will und bemängelt sogleich zwei, drei Dinge, die ihm am Gerät fehlen: „Ich brauche auf jeden Fall eine Fußbremse bei den ganzen steilen Hängen hier, damit kann ich die Maschine immer wieder gerade schieben.“ Das Gerät wird von ihm auf Herz und Nieren geprüft - und auch ein steiler Hang muss trotz fehlenden Fußbremse für den Test herhalten und der eine oder andere Zuschauer macht lieber kurz die Augen zu. Das Schnitt- oder eher Schlegelergebnis wird kritisch betrachtet und mit dem Verkaufsberater diskutiert.
„Ich beziehe meine Mitarbeiter grundsätzlich gerne ein bei den Beschaffungsfragen. Sie sind einfach die Profis in ihrem Fach und sie müssen hinterher mit den Maschinen arbeiten. Es bringt keinem was, wenn ich ihnen ein Gerät vorsetze, das sie nicht haben wollen oder das für ihren Einsatz nicht taugt“, erklärt Conny Schladitz.
12:00: Feierabend
Ob das Gerät für den Bauhof infrage käme, erfahre ich nicht mehr. Während Sascha Mutio noch seine Runden dreht, verabschiede ich mich für heute und mache mich auf dem Weg nach Hause. Vor mir liegen rund zwei Stunden Autofahrt, dann habe ich Feierabend. Die Bauhofmitarbeiter haben noch ein paar Stunden vor sich – in der Regel geht ihr Arbeitstag bis 15:45 Uhr.
Mirja Schmatzler, Redaktion KommunalTechnik
Der Text ist zuerst in der Ausgabe 3 der KommunalTechnik erschienen.