Räumdienst für 100.000 Fahrzeuge
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Eine Furt durch die Donau war es, die Ingolstadt schon vor Jahrhunderten zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt machte. Diese besondere Stellung hat es auch heute noch. Wer aus Richtung Norden nach München fährt, passiert das Revier der Autobahnmeisterei Ingolstadt genauso wie die täglichen Pendler der Audi-Werke Ingolstadt oder des Airbus-Werkes Manching. „Wir haben sehr genaue Zahlen darüber, wie viele Verkehrsteilnehmer unsere Autobahnen nutzen“, erzählt Kurt Holzmann, Leiter der AM Ingolstadt. „An bestimmten Stellen sind automatische Dauerzählstellen eingebaut, mit denen eine permanente Verkehrszählung stattfindet. Im Durchschnitt fahren täglich 100.000 Fahrzeuge nach Süden, bzw. Norden, 12 % davon macht der Schwerverkehr aus.“ Der durchschnittliche Verkehr auf deutschen Autobahnen wird auf etwa 47.000 Kfz/Tag geschätzt. Im Ferienmonat August wird die 100.000-Marke regelmäßig überschritten: „Den absoluten Spitzentag hatten wir 2013 aber in der ersten Oktoberwoche. Da befuhren mehr als 140.000 Fahrzeuge die BAB A9 im Bereich Ingolstadt“, schmunzelt Kurt Holzmann bei einem Blick in eine Statistik der Autobahndirektion Südbayern.
Verantwortlich für 150 Streckenkilometer
Sein Aufgabengebiet beginnt im Norden bei Betriebskilometer 448, das ist etwas nördlich der Rastanlage „Köschinger Forst“: „Die neu gebaute Rastanlage besteht in beiden Fahrtrichtungen. Zusammen stehen dort 227 Lkw-Stellplätze zur Verfügung. Insgesamt sind es 7 km Fahrweg, die wir dort betreuen, dazu kommen die Gehwege und die Parkflächen.“ Am Autobahndreieck Holledau, bei Betriebskilometer 483, endet die Zuständigkeit der AM Ingolstadt auf der A9. Der komplette Abschnitt ist in beide Richtungen dreispurig plus Standstreifen ausgebaut. „Dazu kommt ein ähnlich langer Abschnitt auf der A93, vom Dreieck Holledau bis zur Anschlussstelle Siegenburg im Norden, mit jeweils zwei Spuren Spuren plus Standstreifen. Ferner die 10 Anschlussstellen und im Winterdienst bearbeiten wir einige Kilometer B16a zusätzlich“, erläutert er, wie er und seine Mannschaft auf über 150 Streckenkilometer Zuständigkeitsbereich kommen.
Allein auf den beiden Raststätten Köschinger Forst ist eine Arbeitskraft Vollzeit beschäftigt. Insgesamt sind es 24 Mitarbeiter in Vollzeit, dazu kommen drei Auszubildende zum Straßenwärter, zwei Arbeitsstellen in der Verwaltung und zwei Straßenmeister: „ Im Winterhalbjahr wird die Mannschaft mit drei Teilzeitkräften und vier Saisonarbeitskräften verstärkt. Wir legen sehr großen Wert darauf, dass die bereits eingearbeiteten Kräfte vom Vorjahr wieder zu uns kommen. Unsere Arbeit ist sehr verantwortungsvoll, die Mitarbeiter müssen in den laufenden Verkehr eingreifen. Dort irgendjemanden einzusetzen wäre viel zu gefährlich. Im Winterdienst müssen wir sieben Saisonstellen ausschreiben, drei davon in Teilzeit. Aber auch da greifen wir am liebsten auf Leute zurück, die wir schon kennen“, erzählt Kurt Holzmann. Bis er mit halbwegs gutem Gewissen eine neue Kraft in den Verkehr schickt, dauert es mindestens zwei Wochen: „Häufig sind es Landwirte, die über den Winter zu uns kommen. Die bringen dann schon etwas Know-how bezüglich der Maschinen mit.“
Eingesetzt werden vornehmlich MAN Lkw mit Lkw mit zwei oder drei Achsen und ein Unimog U500: „Kompliziert wird es beim Einsatz der überbreiten Seitenpflüge, die wir benötigen, um zwei Spuren auf einmal zu räumen. Da besetzen wir jeden Lkw mit zwei Mann, um die Übersicht zu gewährleisten.“ Im Herbst geht Kurt Holzmann die Räum- und Streupläne für den Winterdienst durch. Jede Änderung, jede Fahrbeziehung wird extra bedacht: „Die Nächte, in denen kein Einsatz nötig ist, werden dann teilweise genutzt um die Strecken, besonders die Anschlussstellenrouten zur Übung abzufahren. Wenn Eisregen oder Schnee da sind, muss jeder wissen, wie er fahren muss. Fährt einer falsch, kann ein Bereich liegenbleiben, was natürlich nicht passieren soll.“
Vorbeugen mit Sole
Beginn des Wintersdienstes ist im November und geht je nach Witterung bis Ende März. In dieser Zeit greift ein Wechselschicht-Dienstplan für das 24-köpfige Team: „Wir sind dann rund um die Uhr besetzt, mindestens zwei bis drei Mann sind immer einsatzbereit. Solange nichts Besonderes vorfällt, deckt dieser Plan einen fünftägigen Turnus ab, danach gibt es einen freien Tag. Problematisch wird es erst, wenn ein Volleinsatz ansteht“, erläutert er. Volleinsatz bedeutet, dass elf Fahrzeuge unterwegs sind: „Dann fahren extra Fahrzeuge nur an den Autobahndreiecken und den Anschlussstellen, damit der Verkehr nicht zum Erliegen kommt. Richtig problematisch kann eine Steigung auf der A9, zwischen Holledau und Langenbruck, sein. fährt bei Schneefall ein Fahrzeug eine Schleife, nur um die rechte Lkw-Spur freizuhalten. Lkw, die hier zum Stehen kommen, können sonst kaum noch Anfahren, im schlimmsten Fall geraten sie bei dem Versuch ins Rutschen oder andere fahren auf. Der komplette Verkehr wird dann behindert.“
Damit gar nicht erst kritische Situationen entstehen, wird präventiv Sole ausgebracht. „Der Einsatz von 25 %iger Sole ist in den vergangenen Wintern angestiegen; in den letzten beiden waren es jeweils über 1.000 l. Dafür haben wir eine eigene Mischanlage plus 150 m³ Speichertank am Standort Ingolstadt, von dem aus ein Dienstleister die Soletanks in Siegenburg und am Autobahndreieck Holledau bedient“, erzählt Kurt Holzmann: „An den Standorten haben wir auch jeweils eine kleine Werkstatt, in der in ruhigen Stunden Wartungsarbeiten und Reinigungen vorgenommen werden können. Alle größeren Reparaturen oder Umbauten werden am Hauptstandort gemacht. Oder die Lkw gehen in die Servicewerkstatt.“ Dass der Verbrauch von Sole in den Wintern 12/13 und 13/14 nahe beieinander liegt ist durch die große Differenz des Streusalzverbrauches bemerkenswert: „FS 30 mussten wir im milden Wintern 2013/14 kaum ausbringen, nur 861 t wurden benötigt. Im Winter davor, 2012/13, hatten wir extremere Verhältnisse und haben über 4.300 t Salz ausgebracht“, rechnet er vor. Die Autobahnmeisterei Ingolstadt gehört zur Dienststelle Regensburg der Autobahndirektion Südbayern. Diese wiederum zur Obersten Baubehörde im Bayrischen. Innenministerium, welches eigene Salzzentrallager betreibt: „Wenn unser eigenes Lager ungefähr zu Hälfte geleert ist, melden wir Bedarf an. Dann erhalten wir eine Lieferung aus dem zentralen Lager. Mit der Beschaffung haben wir dadurch nichts mehr zu tun.“ 1.500 t können in Ingolstadt gelagert werden, in den Außenlagern Holledau und Siegenburg ist es etwas weniger.
Der präventive Einsatz von Sole ist das Mittel der Wahl, um den Berufsverkehr keiner Gefährdung auszusetzen: „Sole wird ausgebracht, wenn die Gefahr von Glätte gegeben ist. Die diensthabenden Straßenmeister und Kolonnenführer verfolgen daher das Wetterradar, die Meldungen des Wetterdienstes und die Daten der Glättemeldeanlagen, die an bestimmten Orten Luft- und Bodentemperatur messen. Aus den verschiedenen Quellen und der Erfahrung weiß man dann, ab wann zusätzliches Personal in Bereitschaft versetzt und ab wann aktiviert werden muss.“
Nicht nur Winterdienst
Bis es wieder Zeit für den Winterdienst ist, haben Kurt Holzmann und seine Mannschaft aber noch genug zu tun: „Auf der Anlage Köschinger Forst sind Trampelpfade entstanden, die wir nun mit Rasenfugenpflaster befestigen – da können unsere 3 Azubis gleich das Pflastern lernen und perfektionieren. Dazu kommen laufend die Arbeiten der Baustellenabsicherung. Größere Arbeiten am Belag machen wir nicht selbst, sondern geben diese Aufgaben an Dienstleister ab. Aber wir sichern die Baustellen ab. Wir wissen am besten, an welchen Stellen besondere Vorsicht geboten ist. Trotzdem kommt es im gesamten Streckenbereich jedes Jahr zu mehreren Unfälle an unseren Absicherungen, häufig durch übermüdete Fahrer. Außerdem führen wir Streckenkontrollen durch, Kehren bei Bedarf die Fahrbahn – zum Beispiel nach Unfällen -, betreuen 40 km Wildschutzzäune, 1.800 Schlammeimer und 40 Rückhaltebecken. Das größte davon ist fast 1 ha groß, sowas muss hin und wieder ausgebaggert und die Grünanlagen dazu geschnitten werden. Die Pflege des Begleitgrüns am Rand und auf den Mittelstreifen ist fast vorbei, aber die WC-Anlagen, Ende nächsten Jahres werden es acht Stück sein, müssen ganzjährig gereinigt und überwacht werden. Damit ist neben der Reinigungsfirma eine eigene Kraft komplett ausgelastet.“ Die Reinigung der WCs wurde an Fremdfirmen vergeben, aber die Parkplätze selbst inklusive Beleuchtung, Verkehrsflächen und Grünflächen gehören zur Autobahnmeisterei. „Der Erfahrung nach ist die Hemmschwelle seinen Müll einfach wegzuwerfen höher, wenn die Anlagen gepflegt aussehen. Daher betreiben wir dort einen relativ hohen Aufwand“, erläutert Kurt Holzmann.
Vorerst konzentriert es sich aber auf den anstehenden Winter. Die ersten Fahrzeuge sind umgerüstet und die Fahrer geschult. Wann der Winter einsetzt und wie stark er wird, dass weiß noch niemand.
Gesa Lormis,
Redaktion KommunalTechnik
Erschienen in der Ausgabe 6 der Zeitschrift KommunalTechnik.