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Leise rieselt…. nein, noch nicht der Schnee, aber das Laub. Und zwar in einigen Regionen „gefühlt“ durchaus früher als in anderen Jahren. In der letzten Septemberdekade hat erkennbar der Herbst begonnen und für die Bauhofteams zwischen Flensburg und Garmisch laufen die Vorbereitungen zur alljährlichen Laubschlacht an. „Der erste Laubfall hat allerdings schon im Sommer eingesetzt. Aufgrund der Sommertrockenheit ließen die Platanen früh „fallen“, aber auch die Kastanien aufgrund der Miniermotte“, erklärt Dietmar Esser, Leiter des Bereichs Grünflächen im „Neuen Betriebshof Saarlouis“, kurz NBS.
Und Kastanien hat es in der saarländischen Stadt, fast unmittelbar an der Grenze zu Frankreich gelegen, reichlich. Allein in der Wallerfanger Straße stehen auf etwa 2,5 km Länge rund 430 Stück davon. „Die Schäden durch die Kastanien-Miniermotte sind sehr deutlich. Aber dem beugen wir ein Stück weit vor, indem wir das heruntergefallene Laub schon früh regelmäßig entfernen“, berichtet er weiter. Und NBS-Betriebsleiter Hans-Werner Strauß fügt hinzu: „Dadurch senken wir den Befallsdruck spürbar, mit dem Ergebnis, dass viele unserer Kastanien im Spätsommer noch weitgehend belaubt sind, während sie andernorts bereits Ende August kahl sind. Somit hat konsequentes Laubmanagement einen positiven Einfluss auf das Erscheinungsbild unserer Stadt, was bei den Bürgern wie bei den zahlreichen Touristen gleichermaßen Anklang findet.“
2.000 m³ Laub
Konsequent – das bedeutet in Saarlouis aber nicht, das Kastanienlaub grundsätzlich separat entsorgen zu müssen. Es wird zusammen mit anderem Laub und dem im Stadtgebiet anfallenden Grünschnitt in der NBS-eigenen Kompostieranlage verwertet. Angesichts der Rottetemperaturen von 60 - 70°C gebe es damit keine Probleme. „Allerdings gibt es durchaus Gehölzflächen, wo das Laub problemlos vor Ort bleiben kann“, wie Dietmar Esser hinzufügt. „Wir haben gemäß Kataster rund 16.000 Bäume in der Stadt. Wenn wir von allen das Laub sammeln und verarbeiten müssten, wären unsere Kompostkapazitäten rasch erschöpft.“
Aber auch so reicht dem NBS-Team die jährliche Laubmenge. Rund 1.000 m³ sammeln die Mitarbeiter selbst ein. Die gleiche Menge kommt noch einmal durch GaLaBau-Betriebe und Privatpersonen zusammen. „Oft liefern speziell die Garten-Dienstleister Laub und Grünschnitt gemeinsam an. Deshalb ist die jährliche Laubmenge nicht exakt bezifferbar“, so Hans-Werner Strauß weiter.
Insgesamt sind im Betriebshof derzeit 165 Mitarbeiter/innen im Dienste der 37.000 Einwohner großen Stadt tätig. Davon kümmern sich 89 um „allgemeine Aufgaben“, zu denen u. a. die Müllabfuhr, die Kanalreinigung und –unterhaltung, die Straßenreinigung, der Winterdienst und das Wertstoffzentrum gehören. Nicht zu vergessen ist die NBS-eigene Werkstatt mit derzeit sieben Personen zur Unterhaltung des gesamten städtischen Fuhrparks und zu erwähnen ist weiterhin die „Abteilung Elektro“ mit ebenfalls sieben Mitarbeitern, die sich um alles Elektrische der städtischen Gebäude kümmern.
Das zweite Hauptbetätigungsfeld ist der Bereich Grünflächen mit derzeit 76 Kollegen/innen. Mit Beginn der Laubsammelsaison ist i. d. R. erst einmal eine Kolonne unterwegs. In der Spitze bindet das Thema Laub jedoch bis zu 40 der 76 Kräfte, die das Stadtgebiet in exakt definierten Zyklen säubern. „Allerdings sind die Unterschiede von Jahr zu Jahr sehr groß. Die zurückliegende Laubkampagne zog sich von August 2013 bis März 2014, weil wir quasi keinen Winter hatten. Friert es jedoch im Oktober oder November schon mal knackig, lassen die Bäume zügig alles fallen und die Saison ist kürzer“, berichtet Ingrid Roth, Mitarbeiterin einer der Laubkolonnen.
Sammeln & Saugen
Handarbeit ist im Laub auch in Saarlouis nach wie vor nicht ganz vermeidbar. Soweit irgendwie möglich, unterstützt allerdings Technik die Teams bei ihrer Arbeit. Dazu gehören u. a. 25 Laubblasgeräte. „Hier sind wir nach wie vor mit Benzinmotoren im Einsatz. Gern würden wir dazu Akku-Technik nutzen, wie bei Trimmern oder Heckenscheren. Die GaLaBau in Nürnberg hat uns gezeigt, wieviel sich auf dem Gebiet der Akkutechnik derzeit tut. Aber bisher gibt es unserem Wissen nach für Laubbläser noch keine überzeugende Lösung mit der gewünschten, langen Akku-Laufzeit, die im kommunalen Einsatz besteht“, meint Dietmar Esser.
Die Laubaufnahme löst der Betriebshof auf dreierlei Weise. In Spitzenzeiten wird eine der insgesamt drei Lkw-Kehrmaschinen zeitweise aus der Straßenreinigung abgezogen und an die Laubfront geschickt. Mit dieser Maschine können Laubhaufen mittels eines Saugrüssels aufgenommen werden. „Während der normalen Reinigungstouren nehmen die Fahrzeuge natürlich auch Laub auf. Aber das können wir wegen der anderen Beimengungen natürlich nicht kompostieren, sondern müssen es tatsächlich auf der Deponie entsorgen“, betont Hans-Werner Strauß.
Die zweite wichtige Techniksäule der Laubaufnahme sind zwei Geräteträger, die u. a. auch zum Grasmähen genutzt werden. Bis zur Umstellung auf Mulchtechnik im Jahr 2012 wurde dabei der Grünschnitt über eine spezielle Turbine angesaugt, in einen Aufbaubehälter gepresst und über die Kompostierung verwertet. „Das funktioniert auch mit Laub sehr gut, mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass es zerkleinert und im Behälter ordentlich verdichtet wird. In die 1,5 m³-Behälter passt dann soviel Material, das eigentlich unzerkleinert den 6 m³-Behälter der großen Kehrmaschine 1,5- bis zweifach füllen würde. Diese Verdichtung verringert die Entleerungs- und Transportzeiten ordentlich“, so der Leiter Grünflächen. Kehrseite der Medaille: Durch Sand und Staub halten besagte Turbinen im kombinierten Gras- und Laubeinsatz bestenfalls zwei Jahre, dann sind sie nach seiner Darstellung verschlissen. Mittlerweile ist der Betriebshof dazu übergegangen, Gras weitgehend zu mulchen. „Und im reinen Laubeinsatz sollten die Turbinen hoffentlich drei oder vier Jahre halten“, hofft Dietmar Esser.
Mehr Wege und Grünflächen
Variante Drei in der Laublogistik sind Transporter mit Ladeaufbau und Netzen, bei denen an der Rückseite separate Turbinen mit Benzinmotor und Saugrüssel angehängt werden können. Damit lassen sich die zusammengekehrten Laubhaufen am Straßenrand rasch und effektiv aufnehmen. „Die Ladekapazität ist zwar mit rund 6 m³ nicht so groß, dafür sind wir sehr flexibel und auch unter beengten Verhältnissen gut gerüstet“, unterstreicht Hans-Werner Strauß. Die im Vergleich zu den Lkw kleinen Aufnahmefahrzeuge bringen das Laub dann zu festgelegten Stellen in der Stadt, wo das Laub in große Lkw-Abrollmulden umgeladen wird. Von dort aus geht’s zur Kompostierungsanlage, die etwa zwei Kilometer außerhalb der Stadt, unmittelbar am neuen Industriegebiet liegt.
Dieses über 100 ha große Gebiet wurde in den zurückliegenden 18 Monaten völlig neu erschlossen. Dadurch bekommt der Betriebshof auch einige Kilometer zusätzliche Straßen zur Unterhaltung, inklusive einer erklecklichen Anzahl Bäume, Büsche und Grünflächen – durchaus eine Herausforderung für das Team. Gleiches gilt für mehrere neue Wohngebiete in der Kernstadt und den dazugehörigen Gemeinden. Die dort gepflanzten Bäume werfen in den ersten Jahren zwar erst wenig Laub ab. „Inklusive Parks und Friedhöfen haben wir in Saarlouis zurzeit rund 190 ha Grünflächen zu pflegen. Längerfristig dürfte unser Aufgabenumfang in der Straßenreinigung und der Grünflächenpflege durch die neuen Gebiete um 20 - 30 % steigen“, schätzt der Leiter des Betriebshofes.
Auf Privatgrundstücken obliegt die Laubentsorgung in Saarlouis grundsätzlich den Anwohnern. Entweder wird es dort selbst kompostiert oder die Gartenbesitzer liefern das Material an der städtischen Kompostierungsanlage ab, ebenso wie Gehölz- und Grünschnitt. „Wer jedoch durch städtisches Laub besonders hart betroffen ist, kann uns gern anrufen, dann holen wir es ab“, erzählt Dietmar Esser. Dann sind die Anwohner aufgerufen, das Laub in Säcken an den Straßenrand zu stellen. Dann laden die NBS-Mitarbeiter das Laub um und die Säcke verbleiben vor Ort beim Grundstückseigentümer. „Dafür berechnen wir nichts. Allerdings tragen wir das Thema auch nicht allzu offensiv in die Öffentlichkeit, denn aus dieser Dienstleistung leitet sich kein Anspruch ab, sondern ist ein Entgegenkommen des Betriebshofes“, so Hans-Werner Strauß.
Holz heraussieben
Obwohl die Kompostierung des Laubs in Saarlouis der bevorzugte Verarbeitungsweg ist, birgt dies doch die eine oder andere „Herausforderung“, wie Dietmar Esser zu bedenken gibt. Laub an sich sei relativ schwer zu kompostieren. Zusammen mit anderer organischer Masse lasse sich dieser Prozess beschleunigen, allerdings wäre dafür erheblich mehr Lagerfläche erforderlich. „Und genau daran mangelt es uns. Deshalb gehen wir bei der Kompostierung eher unkonventionell vor, mit hohem Laubanteil und vor allem mit breiteren sowie höheren Kompostmieten. Und die werden auch nicht in den sonst üblichen Zyklen umgesetzt“, erklärt er.
Was nicht heißt, dass die Mieten überhaupt nicht angerührt würden. Der Clou dabei: Nach dem Schreddern rottet das zerkleinerte Material erst einmal zwei bis drei Wochen „an“. Anschließend wird es mit dem Radlader in eine mobile Siebanlage mit 35 mm-Sieben geladen und vom Holzanteil befreit. „Im Schnitt fallen pro Jahr bei uns zwischen 9.000 und 10.000 m³ geschreddertes Material an. Davon können wir mit dem ersten Siebdurchgang rund 30 % an Holz herausholen, wobei dieser Anteil saisonbedingt durchaus schwanken kann“, schildert Dietmar Esser weiter. Nach rund zehn Wochen folgt ein zweiter Siebvorgang mit einer 10 mm-Siebtrommel, wobei weitere 10 % - 15 % Holzanteil entnommen wird. „Insgesamt schaffen wir es, das Kompostvolumen um mehr als ein Drittel zu reduzieren“, so sein Fazit.
Neue Biomasse-Feuerung
Fragt sich nur, was dann mit dem Holz passiert? Auf dem Kompostplatz von Saarlouis türmen sich bereits rund 2.500 m³ Holzreste, die eigentlich am besten energetisch genutzt werden. Bisher war dies der Stadt selbst nicht möglich, doch das hat sich in diesem Jahr geändert. Direkt neben dem NBS-Verwaltungsgebäude ist eine Biomassefeuerungsanlage mit 600 kW Leistung entstanden, die mit eben dieser holzartigen Biomasse befeuert werden soll und so die Energie für Heizung und Warmwasser des Betriebshofes erzeugt.
Versorgt wird die Anlage mit einer eigens konzipierten Beschickung. Mittels eines Schubsystems gelangt der Brennstoff aus einem Container zur Feuerung. Die Schubbodencontainer werden einfach an die Zuführung angedockt. „Die für normale Hackschnitzel gängige Technik ist für unser Material nicht nutzbar, weil angesichts der teils recht langen und grobfaserigen Holzstücke das Risiko von Verstopfungen zu groß wäre“, ist Hans-Werner Strauß überzeugt. Der Schubboden wird vollautomatisch nach Bedarf gesteuert durch die Sensorik der Feuerungsanlage. Letztere kann auch etwas feuchteres Material problemlos und den immissionsrechtlichen Vorschriften entsprechend sauber verbrennen. Der Probelauf des kleinen Kraftwerks verlief schon sehr zufriedenstellend, so Dietmar Esser, aber der Härtetest steht natürlich mit dem kommenden Winter erst noch bevor.
Abnehmer der Energie ist ausschließlich der Betriebshof. Weite Teile der Stadt werden durch einen anderen Fernwärmebetreiber versorgt. Grundsätzlich sieht der Betriebshofleiter aber durchaus Optionen zur Erweiterung, aber derzeit bestehe weder Bedarf noch Möglichkeit. „Doch allein mit der Betriebshofversorgung werden wir voraussichtlich rund 600 MWh/Jahr erzeugen und für den Betrieb nach heutigem Stand mindestens 10.000 € jährlich sparen“, berichtet Horst Rupp, Klimaschutzmanager der Stadt. Die Überwachung der Anlage erfolgt über das Gebäudeleitsystem der Kreisstadt Saarlouis, die vom Rathaus aus bei Störungen per SMS den Bereitschaftsdienst informiert. „Mit dieser Biomassenfeuerungsanlage kommen wir dem Ziel, die Energieversorgung der städtischen Gebäude und Anlagen in Saarlouis langfristig CO2-neutral zu gestalten, ein gutes Stück näher“, ergänzt er. Die Baukosten beziffert er auf rund 490.000 €, allerdings sind hier diverse Fördermittel des Bundeslandes Saarland abzuziehen. „Eine derartige Technik hat hier gewissermaßen Pilotcharakter und stößt auch bei anderen Kommunen bereits auf großes Interesse“, spiegelt er das bisherige Echo wider.
Der Autor: Jens Noordhof,
Redaktion KommunalTechnik
Erschienen in der Ausgabe 6 der Zeitschrift KommunalTechnik.