Getestet: E-Transporter von MAN
Wir wollten wissen, ob sich das umweltfreundliche Nutzfahrzeug auch für den Kommunaleinsatz eignet und sind dafür einen Tag durch München und Umgebung gestromert.
Wenn es um Elektrofahrzeuge geht, fokussiert sich vieles auf das Thema Reichweite. Wer gewohnt ist, mit einer Tankfüllung Diesel problemlos 1.000 km und mehr zu fahren, dem behagen mögliche rund 150 km mit einer Akku-Ladung nicht unbedingt. Reicht der Strom wirklich für einen Tageseinsatz? Was mache ich, wenn unterwegs der Strom ausgeht? Wie schnell lassen sich die Akkus wieder mit Strom füllen? Befeuert werden diese Bedenken, wenn man erstmals in einem Elektrofahrzeug unterwegs ist und auf dem Monitor sehen kann, wie eine sportliche Fahrweise, die Restkilometer-Kapazität in den Keller fallen lässt. Und der Gedanke, unterwegs plötzlich ohne Strom dazustehen …
Die Bedenken sind unbegründet! Wir waren jetzt einen Tag mit dem eTGE im Münchner Stadtverkehr sowie im Umland der bayerischen Landeshauptstadt unterwegs und sind dabei nicht an die Grenzen der Batteriekapazität gekommen. Doch der Reihe nach: Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Elektrotransporter nicht von seinem Pendant mit Verbrennungsmotor und der kurzen Haube. Und auch der Laderaum und der Fahrerarbeitsplatz sind identisch. Der erste wahrnehmbare Unterschied offenbart sich, wenn der Zündschlüssel umgedreht wird. Jetzt ist nicht das Brummen eines Diesels zu hören. Es bleibt lautlos, lediglich der Elektromotor ist jetzt betriebsbereit. Vor dem Losfahren muss allerdings noch ein Gang, oder besser gesagt Fahrstufe eingelegt werden. Also den Wahlhebel auf D und Gas geben. Lautlos setzt sich der Transporter in Bewegung. Und das überaus engagiert. Kein Wunder: Das Drehmoment baut sich nicht wie bei einem Verbrenner erst auf, sondern es steht ab der ersten Umdrehung zur Verfügung.
Konsequente Rekuperation
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war Gelegenheit, sich durch die Menüs des Energiemanagements zu scrollen, das auf dem Navigationssystem angezeigt wird. Hier finden sich alle erforderlichen Informationen zum Verbrauch, zur verbleibenden Reichweite oder zu den jeweiligen Ladeständen. Wer mag, kann sich auch eine schöne Animation auf den Monitor holen, die zeigt, ob gerade verbraucht oder rekuperiert wird. Apropos Rekuperation: Stadtfahrten sind bekanntermaßen Stop-and-Go-Fahrten. Auffällig ist die ausgeprägte Rekuperations-Philosophie, die die MAN-Ingenieure dem eTGE in das Energiemanagementsystem hineinprogrammiert haben. Sobald der Fuß vom Gas-, pardon, Strompedal genommen wird, wird Energie zurück in die Batterie gespeist. Spürbar ist das gerade bei geringen Geschwindigkeiten an der deutlichen Verzögerung, die mit der Rekuperation einhergeht. Positiver Nebeneffekt: Das Bremspedal muss bei vorausschauender Fahrweise kaum genutzt werden. Das wiederum dürfte sich positiv auf die Wartungskosten des Elektrotransporters auswirken. Das konsequente Rekuperieren trägt außerdem zu einer leichten Erhöhung der Reichweite bei. Ebenfalls positiv auf die Reichweite wirkt sich die Drosselung der Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h aus. Die wird von MAN bei komplett geladenen Akkus mit 172 km angegeben. Die dürften in der Praxis jedoch kaum erreicht werden, da auch Radio, Heizung, Klimaanlage und ähnliches mit Strom versorgt werden wollen. Und nicht jedem Fahrer ist eine vorausschauende Fahrweise gegeben. Aber Hand aufs Herz, welcher Kommunalbetrieb ist mit seinen Transportern mehr als 100 oder 120 Kilometer täglich unterwegs? Die sind mit dem eTGE und seinem verbauten Akkupaket mit einer Kapazität von 36 kWh problemlos zu schaffen, ohne auf den üblichen, stromverbrauchenden Komfort zu verzichten.
Doch was verbraucht er nun eigentlich, der dynamische Transporter mit Elektroantrieb? Eine Frage, die sich auf die Zehntel-Kilowattstunde genau auf dem Monitor ablesen lässt. Auf unserer Testfahrt waren 19,8 kWh pro 100 km. Im niedersächsischen Lehrte ist Strom von den Stadtwerken aktuell für 26,12 Ct pro kWh zu haben. Strom für 100 km kostet also gerade mal 5,17 €. Zum Vergleich: Kalkulieren wir mit einem Dieselpreis von 1,26 € und setzen den Verbrauch im kombinierten Stadt/Regionalverkehr mit zehn Litern pro 100 km an, kostet das den Fahrzeugbetreiber 12,60 € und damit mehr als das doppelte. Dazu kommt der deutlich geringere Wartungsaufwand. Klingt gut, erreichbar ist dieser Wert allerdings nur mit entsprechend zurückgenommener Fahrerweise. Will der Fahrer die Leistung des umgerechnet 136 PS starken Elektromotors sportlich zur Geltung bringen (die Versuchung ist zugegebenermaßen groß) lässt sich der Verbrauch des eTGE problemlos auf bis knapp 30 kWh pro 100 km steigern.
Mehrere Ladeoptionen
Neben der Reichweite ist es vor allem die Ladeinfrastruktur, die potenzielle Kunden von Nutzfahrzeugen mit Elektroantrieb beschäftigt. Wie muss die Infrastruktur ausgelegt sein, damit auch das Laden mehrerer Fahrzeuge gleichzeitig darstellbar ist? Wie muss die Ladeinfrastruktur beschaffen sein, um die Akkus auch im Eiltempo wieder zu füllen? Die dafür zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind vielfältig. Der MAN eTGE ist es auch. Dort, wo sich bei den Dieselvarianten der Einfüllstutzen befindet, verfügt der Stromer über einen Stecker für das Combined Charing System (CCS). Das ermöglicht ein Laden der Lithium-Ionen-Akkus mit Gleich- und mit Wechselstrom.
Angeboten wird der eTGE von MAN zunächst nur mit normalem Radstand und Hochdach. Die von vielen Kommunen bevorzugten Fahrgestellvarianten mit Einzel- und Doppelkabine werden folgen. In Sachen Komfort sind zahlreiche Optionen darstellbar. Aber bereits die Serienausstattung des e-TGE ist umfangreich. Dazu gehören unter anderem ein Aktiver Spurhalteassistent, Sitzheizungen, die MAN Media Van Navigation, Multifunktionslenkrad und vieles mehr.
Fazit: Elektrofahrzeuge sind für Kommunen aktuell eine sehr attraktive Option. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen wächst die Zahl der verfügbaren Modelle, zum anderen werden im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität bis zu 75 % der erforderlichen Investitionen in die Fahrzeuge oder Ladeinfrastruktur erstattet. Damit sind die Stromer letztlich deutlich günstiger als die Varianten mit klassischer Dieselmotorisierung. Und dass sie praxistauglich sind, haben zahlreiche Kommunalbetriebe längst im wahrsten Sinne des Wortes erfahren.
Stephan Keppler, Redaktion KommunalTechnik
Fotos: MAN, Keppler
Dieser Artikel ist in der Fachzeitschrift KommunalTechnik erschienen (Ausgabe 3/2019). Sie bekommen die KommunalTechnik nicht? Dann bestellen Sie hier eine kostenlose Leseprobe.