Gehölzpflege in Helmstedt
Der Hausbesitzer steht in Hausschuhen und mit Mütze in seinem Garten. Kritisch schaut er auf das Treiben an seiner Grundstücksgrenze: Mit Hubsteiger, Motorsägen und Häcksler ist ein sechsköpfiges Team vom Bauhof Helmstedt angerückt, um die dort stehenden Blaufichten zu fällen. Auch die 4 m hohe Eibenhecke wird beschnitten. Fachagrarwirt und Forstwirt Christian Böhme steht im Korb des Hubsteigers und schneidet die Äste ab, die seine Kollegen am Boden anschließend zum Häcksler bringen. „Die Fichten sind nicht mehr in bester gesundheitlicher Verfassung, sie lassen viele Nadeln fallen und sondern Harz ab“, erklärt er in einer Pause. „Aber wenn wir nur die Bäume aus der Reihe nehmen, die uns besonders aufgefallen sind, setzen wir die anderen ungewohnten Winddruck aus. Abbrechende Spitzen oder stürzende Bäume können wir hier nicht verantworten“, erzählt er mit einem Fingerzeig auf die Gärten und den Kindergarten in der Nähe.
Heute Morgen waren wir noch im Winterdienst unterwegs, jetzt helfen wir den Gärtnern.
Angetrieben wird der Häcksler über die Zapfwelle eines Schmalspurschleppers. Zwei weitere der kompakten Schlepper stehen mit Anhängern bereit, um das Häckselgut zeitnah auf den Kompostplatz am Betriebshof zu bringen. „Heute Morgen waren wir Fahrer noch im Winterdienst unterwegs, jetzt helfen wir den Gärtnern. Das macht unsere Arbeit schön abwechslungsreich“, erzählt Fahrer Hubertus Wunderling lachend. Für den Winterdienst beginnt die Arbeit um 5:30 Uhr, an Marktagen eine Stunde früher, damit die Marktleute rechtzeitig mit dem Aufbau beginnen. Als er zur Arbeit kam, wusste der Kraftfahrer und sein Vorgesetzter noch nicht, ob die geplante Fällaktion überhaupt stattfinden kann: „Gestern Abend mussten wir den Hubsteiger in eine Fachwerkstatt nach Braunschweig bringen“, erzählt Betriebshofleiter Guido Kuschenek, „Heute Morgen war alles wieder in Ordnung.“ Der Hubsteiger ist von einer Landschaftsbau-Firma gemietet, die ihn gerade entbehren konnte.
Regionale Eigenheiten
Das Team aus Gärtnern und Maschinenführern arbeitet Hand in Hand zusammen. Alle kennen sich seit Jahren und viele Absprachen scheinen während der Arbeit nicht nötig zu sein. Jeder kennt seine Aufgabe und weiß, was ansteht. Christian Böhme ist seit fünf Jahren im Team und eine wichtige Bereicherung. „In unserer Region ist es nicht unbedingt einfach, qualifiziertes Personal zu bekommen. Daher setzen wir auch Leute ein, die etwas ganz anderes gelernt haben und sich alles Fachwissen selbst beigebracht haben oder von den Kollegen erklärt bekommen“, erzählt Guido Kuschenek. Trotzdem ist er sehr zufrieden mit seinen Leuten. Direkt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze gelegen, hat Helmstedt seit Jahren mit sinkenden Einwohnerzahlen zu kämpfen. Dazu kommt die Nähe zu Wolfsburg, das als Industriestandort und VW-Heimat viele junge Leute und qualifiziertes Personal fortzieht. Eine Ausbildung oder Stelle bei VW ist für viele attraktiver, als eine Lehre als, zum Beispiel, Gärtner. „Auch die Landschaftsbau-Betriebe haben Probleme Mitarbeiter zu finden. Es gibt keine Ausbildungsbetriebe in der näheren Umgebung; erst in Braunschweig oder Wolfsburg sind einige zu finden. Das erschwert die Situation eigentlich immer weiter“, resümiert er die Lage.
Für die Reparatur sollten geeignete Werkstätten vor Ort sein.
Dass die Stadt sparen muss, merken er und seine Kollegen auch anderen Stellen: „Selbst wenn es Mitarbeiter gibt, die Reparaturen an den Kleingeräten durchführen könnten, haben wir derzeit noch keine Räumlichkeiten für eine Werkstatt.“ Die an das Verwaltungsgebäude angrenzenden Lager und Garagen sind mehrheitlich schmale, lange Räume: „Wir haben hier schon einiges geändert und aufgeräumt. Die Betriebsstoffe sind ordnungsgemäß und übersichtlich gelagert, vor einiger Zeit konnten wir die notwenigen Gefahrstoffschränke-Auffangwannen erwerben.“ Für die Gärtner heißt das Fehlen einer Werkstatt unter anderem, dass sie bei der Auswahl der Motorsägen auf einen örtlichen Fachhändler mit Servicewerkstatt festgelegt sind: „Bei der Ausschreibung und Anschaffung von Geräten sehen wir zu, dass wir wirtschaftlich effiziente Modelle auswählen und geeignete Werkstätten vor Ort sind. Vielleicht mag es sein, dass ein anderer Hersteller günstiger ist – der Vorteil ist aber gleich wieder weg, wenn wir für jede Reparatur nach Braunschweig oder Magdeburg müssten“, erläutert er seine Auswahlkriterien.
Blick nach Vorn
Neben dem Winterdienst und der Baumpflege sind seine Leute auch für die Straßenreinigung, -markierung und Beschilderung zuständig. Dazu kommt die Pflege des Straßenbegleitgrüns, Leerung von Abfallkörbern und Reinigung beziehungsweise Instandhaltung von Buswartehallen. Demnächst werden sie sich zusätzlich um Parkscheinautomaten kümmern. Dafür fallen zwei von insgesamt fünf öffentlichen WC-Anlagen weg, die nicht mehr genutzt werden: „Wir kümmern uns dort um die Beschaffung der Verbrauchsmaterialien und, falls wir sie erledigen können, Reparaturen am Gebäude.“ Zudem gehören zwei Friedhöfe zum Aufgabengebiet des Betriebshofes. „Neben der Grünpflege sind wir dort auch in die Bestattungen eingebunden; das sind etwa 44 im Jahr. Wir heben die Grüfte aus, tragen die Särge oder Urnen und lassen sie hinab. Aber das ist keine beliebte Aufgabe.“ Weitaus einfacher ist die Pflege der Kriegsgräberflächen, auf denen ebenfalls die Grünpflege geleistet wird.
Trotz der vielfältigen Aufgaben und nicht immer einfachen Verhältnisse scheint er die Übersicht behalten zu können: „Mit unserem Kostendeckungsgrad auf den beiden Friedhöfen bin ich eigentlich zufrieden. Wir sind noch nicht ganz Kostendeckend, aber meist bei über 90 %. Vor allem unser Maschinenpark ist ganz gut aufgestellt. Manchmal müssen wir Aufgaben oder eine Anschaffung verschieben, dann wird ein Zaun erst ein oder zwei Jahre später gestrichen. Aber im Großen und Ganzen haben wir die Kosten im Griff. Weiteres Sparen ist dennoch dringend notwendig und gefordert.“
>>Die Autorin: Gesa Lormis,
Redaktion KommunalTechnik
Hinweis: Die Redaktion KommunalTechnik hat den Baubetriebshof Helmstedt im Jahr 2015 besucht. Der Artikel ist zuerst in der Zeitschrift KommunalTechnik Ausgabe 1 2015 erschienen.