Baum des Jahres 2016
Die Linde - wer kennt und wer liebt sie nicht? Am bekanntesten sind sicherlich die beiden Schwestern: die starkwüchsige Sommer-Linde (Tilia platyphyllos) und die etwas zierlichere Winter-Linde (Tilia cordata). Bereits im Jahr 1991 war die Sommer-Linde einer der ersten Bäume des Jahres. Der auch für Nicht-Fachleute augenfällige Unterschied zwischen den beiden Gehölzen liegt in deren Wuchshöhe und in der Form der Blätter. Die Winter-Linde wird nur etwa 15 bis 25 Meter hoch, Sommer-Linden hingegen können über 40 Meter hoch wachsen. Ihre großen Blätter und ihr hoher Wuchs geben so viel Schatten, dass diese Bäume früher häufig an Dorfplätzen oder kultischen Orten angepflanzt wurden. Die Blätter der Sommer-Linde sind herzförmig und bis zu zwölf Zentimeter lang, die der Winter-Linde im Umriss fast kreisrund. Die Krone der Winter-Linde hat die Form eines Herzens mit der Spitze nach oben und ist ein beliebter Lebensraum von Vögeln, Pilzen und der Laubholzmistel. Mit ihrer leuchtend goldgelben Herbstfärbung ist sie der Schmuck vieler Gärten und Parks.
Das Heimatareal der Winter-Linde erstreckt sich über fast ganz Europa - im hohen Norden gibt es sie nicht. Die „Geschwister" unterscheiden sich durch ihre Ansprüche an Licht, Wasser, Wärme und Nährstoffe. Grundsätzlich ist die Sommer-Linde die anspruchsvollere. Der Stamm der Linden kann mehrere Meter dick werden. Eine der wohl stärksten Winter-Linden steht bei Rochlitz (Sachsen) mit einem Stammumfang von etwa neun Metern. Wird eine Winter-Linde gefällt, treibt sie sehr stark aus dem Stock wieder aus. Ihre Blüten öffnen sich zur Freude der Imker erst im Juli und schon von weitem kann man dann ihren charakteristischen Honigduft wahrnehmen.
Linden haben eine hohe Schattentoleranz, die bei der Forstwirtschaft von großer Bedeutung ist, da sie auch unter älteren, großen Bäumen gedeiht. So werden beispielsweise die Stämme von Eichen "ummantelt" und dadurch astfrei gehalten. Das Holz von Winter- und Sommer-Linde ist auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Es ist hell, weich, relativ leicht und bestens als Schnitzholz geeignet. Darum wurden früher die meisten Altar- und Wandfiguren in Kirchen daraus gefertigt.
In Dörfern und Städten
Als Stadtbaum ist die Linde sehr beliebt und geeignet für Alleen, Parkplätze, Parks, Promenaden, Fußgängerzonen, Entrees großer Gärten oder als Hausbaum. Sie ist sehr anspruchslos und tolerant, was den Standort angeht. Linden haben kaum Krankheiten oder Schäden und erreichen ein hohes Lebensalter (bis zu 1.000 Jahre). Ärgerlich kann allerdings der aus Lindenkronen tropfende Honigtau werden. Diese Zuckerwasser-Tröpfchen sind zwar vollkommen unschädlich, machen aber Fahrräder, Autos und Bänke für kurze Zeit klebrig. Der Belag ist jedoch mit Wasser leicht abzuwaschen.
Dorflinden, Gerichtslinden, Kirchlinden, Tanzlinden und Hoflinden - aber auch Sagen und Gebräuche zeugen von einer jahrhundertelangen vielseitigen Bedeutung der Bäume in Deutschland. Der häufigste Gasthausname in Deutschland ist heute mit über 1.000 Nennungen immer noch „Zur Linde" und auch zahlreiche Orts- und Personennamen gehen auf die Gehölze zurück. Tanzlinden sind etwas besonders Schönes: In die Krone eines Baumes wurde früher häufig ein Tanzboden eingebaut, den man über Treppen oder Leitern erreichte. Besonders schöne Exemplare, in denen auch heute noch gefeiert wird, stehen in Effelder (Thüringen) und Effeltrich (Bayern). In Limmersdorf (Oberfranken) gibt es sogar ein Tanzlindenmuseum.
Die Linde ist auch das Symbol ehelicher Liebe, der Güte, der Gastfreundschaft und Bescheidenheit. Diese Bedeutungen sollen u.a. auf die Erzählung von Philemon und Baucis, Gestalten der griechischen Mythologie, zurückgehen. Das alte Ehepaar wünschte sich nichts mehr, als gemeinsam zu sterben, damit keiner von ihnen den Tod des anderen erleben müsse. Zeus erfüllte ihnen diesen Wunsch; als der Tod zu ihnen kam, verwandelte er die beiden in Bäume: Philemon in eine Eiche und Baucis in eine Linde.
Weitere Informationen: www.baum-des-jahres.de Quelle: DGS/BdJ