Wildkrautbekämpfung auf Straßenbahngleisen
Wir waren schon seit über 20 Jahren auf der Suche nach einer Alternative zur ‚chemischen Keule‘, um unsere Gleisanlagen von Wildkräutern freizuhalten. In Kleinversuchen hatten wir festgestellt, dass aus unserer Sicht Heißdampf das gegenwärtig einzige Medium ist, das im Gleisbereich praktikabel anwendbar ist“, erzählt Lothar Matzkeit, Prokurist und Abteilungsleiter Technik der Nahverkehr Schwerin GmbH.
Nicht ganz einfach sei die Suche nach einem Hersteller von Heißwasser-/Heißdampfgerätetechnik, die die Technik auf Schienen bringen kann bzw. möchte gewesen. Mit den Firmen „Geysir“ und „Gawronski Dienstleistungen“ konnten schlussendlich aber Partner für eine Realisierung des angedachten „Wildkrautbekämpfungszuges“ gefunden werden. Sie haben das Geysir-Gerätesystem zur Wildkrautbekämpfung in Gleisbettanlagen der Straßenbahn entwickelt und gebaut. Im Mai 2021 ging der Prototyp erstmals in Schwerin in den Praxiseinsatz und war bis September immer wieder auf den Gleisen. „Die ersten Einsätze haben unsere Erwartungen bestätigt“, so Lothar Matzkeit.
Baukastensystem
Das Konzept beruht auf Wechselaufbauten, die auf zwei zweiachsigen Universalgleiswagen des Herstellers Atlas aufgebaut sind. Die Basisfahrzeuge können so außerhalb der Wildkrautbeseitigungs-Saison anderweitig, z.B. für Gleisreparaturarbeiten, genutzt werden. Auf dem ersten Gleiswagen ist die Wärmeerzeugungseinheit mit Verrohrung und auf dem zweiten Gleiswagen der Wassertank montiert. Besonders geeignet seien Antriebsfahrzeuge, die das Geysir-Gerätesystem intern mit Strom versorgen können, so der Hersteller. Das sei aber nicht zwingend erforderlich, eine externe Stromversorgung sei ebenfalls möglich.
Das Geysir-Gerätesystem arbeitet mit einem bis zu 110°C heißen Heißwasser-/Heißdampfgemisch ohne Zusatzstoffe. Dieses wird in der Wärmeerzeugungseinheit in drei, mit Heizöl oder Dieselkraftstoff betriebenen Brennkammern erzeugt. Das Heißwasser-/Heißdampfgemisch wird über eine Leitung zu einer Ausbringungseinheit in der Front des Zuges transportiert. Der 2,50 m lange und 1,50 m breite Frontanbau ist verschiebbar und verfügt über drei Düsenstränge unter einer Abdeckhaube. Die Düsen bringen das Heißwasser-/ Heißdampfgemisch auf die Wildkräuter aus, die im Folgenden absterben sollen.
Erste Erfahrungen
Festzuhalten sei: „Der Aufwand ist größer. Wir rechnen mit einem doppelten Einsatz gegenüber früher. Und die Arbeitsgeschwindigkeit beträgt sinnvollerweise nur 2 bis 3 km/h“, meint Lothar Matzkeit. Zudem bräuchte es für die Erhitzung des Wassers einen entsprechenden Energieeinsatz: „Wir beheizen die Brenner mit Heizöl. In der Schweiz entwickelten die Schweizerischen Bundesbahnen einen entsprechenden Zug mit zwei großen Kesselwagen, die mit Fahrstrom vorgeheizt werden. Das ist für unsere demgegenüber relativ kleine Anlage vom Aufwand-Nutzen-Verhältnis jedoch nicht darstellbar.“
Der Wasserbehälter mit 11.000 l Fassungsvermögen reicht für einen etwa fünfstündigen Einsatz. Dies würde nahezu für eine Schichtlänge reichen, berichtet Lothar Matzkeit weiter. Der ursprüngliche Plan, frei verfügbares Brunnenwasser zu nutzen, wurde nach wenigen Wochen verworfen. „Wir mussten leider feststellen, dass dies zu sehr mit Mineralien angereichert ist, die die Leitungen zusetzen“. Nun wird normales Frischwasser genutzt.
Die Behandlungshäufigkeit richtet sich nach dem Pflegezustand der Flächen in der Gleisbettanlage, nach Art und Alter der anstehenden Wildkräuter sowie nach Qualität und Ausführung des Untergrundbewuchses in der Gleisbettanlage. Lothar Matzkeit rechnet mit ca. vier nötigen Bekämpfungseinsätzen pro Jahr.
Mirja Schmatzler, Redaktion KommunalTechnik